Vertretung im Büro

Telepräsenzroboter sollen Heimarbeitern erlauben, virtuell in der Firma zu sein. Die Technik steht allerdings noch am Anfang.

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Von
  • Tom Simonite

Telepräsenzroboter sollen Heimarbeitern erlauben, virtuell in der Firma dabei zu sein. Die Technik steht allerdings noch am Anfang.

Der Trend geht zur Telearbeit: Immer mehr Arbeitnehmer sind nicht mehr im Büro, sondern arbeiten von zu Hause. Um trotzdem an Meetings im Hauptquartier der Firma teilnehmen zu können, sind Videokonferenzen eine Möglichkeit – oder, als letzter Schrei, sogenannte Telepräsenzroboter, von denen in den letzten Monaten gleich mehrere auf den Markt kamen.

Die Geräte sind kleine Roboter auf Rädern, die von ihrem Besitzer über das Internet gesteuert werden. Sie nehmen den Platz des Telearbeiters am Konferenztisch ein, rollen durch Produktionshallen, um diese zu kontrollieren, oder nehmen Termine im Büro wahr. Die Geräte sind mit Kamera, Mikrofon, Bildschirm und Lautsprecher ausgestattet, damit derjenige, der sie steuert, mit anderen Menschen vor Ort kommunizieren kann.

Die Verwendung von Telepräsenzrobotern ist allerdings deutlich komplizierter als die Nutzung von Videokonferenzen oder der Griff zum Telefon. Der Benutzer muss zunächst lernen, das Gerät zu steuern. Zudem sind die "Augen" und "Ohren" manchmal nicht empfindlich genug, um sinnvoll mit Kollegen zu interagieren.

Trotzdem sei die Technik für viele Kunden jetzt schon wertvoll, ist Ned Semonite überzeugt, Vizepräsident für den Bereich Produktmanagement beim Hersteller VGo Communications, der einen 1 Meter 20 hohen Stellvertreter verkauft. Einige Ingenieure und Designer in fortschrittlichen Firmen genießen es laut Semonite bereits, ein entfernt gelegenes Labor oder eine Prototyp-Anlage zu besuchen, ohne ihr Büro verlassen zu müssen. "Es bedeutet, dass sie öfter vor Ort sein können. Es ist einfacher, als vor die Tür zu gehen. Wertvolle Ad-hoc-Kontakte sind möglich." Mehr als 200 der VGo-Roboter befinden sich derzeit in Verwendung, zu den Kunden gehören Firmen wie Hewlett-Packard und Cisco.

Die Technik habe außerdem Vorteile gegenüber Videokonferenzen, meint Semonite, weil die Person, die den Telepräsenzroboter steuere, eben selbst wählen könne, was sie sehen wolle. "Außerdem kann sie den Konferenzraum auch verlassen."

Telepräsenzroboter funktionieren meist über WLAN, wie es in vielen Firmen installiert ist. Mit der beginnenden LTE-Versorgung dürften die Geräte noch autonomer werden, glaubt man bei VGo. "Es wird dazu führen, dass ein solcher Roboter sofort funktioniert, wenn man ihn aus der Verpackung nimmt. Er kann dann auch Fabriken und Lagerhäuser besuchen, die noch kein WLAN haben."

Noch lässt sich allerdings nicht feststellen, ob sich die Geräte wirklich rentieren. Semonite betont, dass der 6000 Dollar teure Vgo sich schon rechnet, sobald ein paar Geschäftsreisen ausfallen können. Für andere Geräte wie den QB von Anybots müssten Firmen schon etwas länger sparen: Der Telepräsenzroboter, der nochmals größer ausfällt als der VGo, kostet 15.000 Dollar. Bereits konkurrenzfähig sind die Systeme jedoch zu professionellen Videokonferenzräumen, die durchaus mehrere Hunderttausend Dollar verschlingen.

Tom Serani, Mitbegründer von RatePoint, einer Firma, die Unternehmenskunden hilft, ihre Online-Reputation zu überwachen, glaubt, dass sich das Vgo-System schon dann bezahlt macht, wenn der Telepräsenzroboter nur einen Monat lang unter Call-Center-Mitarbeitern verbringt. Um 30 Prozent ließen sich Verkäufe steigern, wenn ein Manager derart vor Ort ist, glaubt Serani – ob den Mitarbeitern das gefällt, ist eine ganz andere Frage.

iRobot bereitet unterdessen den Marktstart eigener Telepräsenzsysteme vor, die noch intelligenter werden sollen. Firmenchef Colin Angle will in wenigen Jahren einen Roboter zeigen, der in einen bestimmten Raum fahren kann oder erlaubt, einer Person zu folgen, wenn man diese auf einem Touchscreen "anklickt". "Derzeit steuert sich ein Telepräsenzroboter noch wie ein Modellauto mit Funkfernbedienung."

Die bislang verfügbaren Produkte seien eher Videokonferenzsysteme auf Rädern. "Das hat seine Vorteile, aber es handelt sich nicht um eine Technik, die einen Menschen vor Ort wirklich ersetzen könnte." iRobot, das neben dem bekannten Staubsaugerroboter Roomba vor allem militärische Systeme wie den PackBot verkauft, arbeitet mit "Ava" gerade an einem neuen Telepräsenzsystem, das diese Probleme zumindest teilweise lösen soll. (bsc)