Kein Rechtsmissbrauch bei 200 gleichartigen Abmahnungen

Nach Ansicht des OLG Frankfurt ist es "nicht zu missbilligen", wenn Unternehmen ihre Mitbewerber zur Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zwingen wollen. Dies gelte auch bei der Versendung von 200 in etwa gleicher Abmahnungen.

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Von
  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt ist es "ohne weiteres nachvollziehbar und nicht zu missbilligen", wenn gesetzestreue Unternehmen Mitbewerber mit juristischen Mitteln zur Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zwingen wollen. Dies gelte auch bei der Versendung von 200 in etwa gleicher Abmahnungen.

Auslöser des rechtskräftigen Urteils (Az. 6 U 129/06) war abermals das Online-Widerrufsrecht, auf das Internethändler den Verbraucher gemäß Paragraf 1 Nr. 10 BGB-InfoV ausdrücklich hinzuweisen haben. Da sich zahlreiche Konkurrenten nicht an die Informationspflicht gehalten hatten, griff der Betreiber eines Bekleidungsshops zum juristischen Mittel der Abmahnung. Der eingeschaltete Rechtsanwalt verschickte daraufhin innerhalb von drei Monaten rund 200 Abmahnungen wegen des fehlerhaften Hinweises auf das Widerrufsrecht und stellte in 80 Fällen den gerichtlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Als ein Abgemahnter die Anwaltsgebühren nicht zahlen wollte, kam es zum Prozess. Er verteidigte sich mit dem Argument, dass es sich um eine Serienabmahnung handle, die allein der Gebührenerzielung diene. Sowohl in der ersten Instanz vor dem Landgericht Frankfurt als auch jetzt in der Berufungsinstanz vor dem OLG Frankfurt mochten die Richter dem nicht folgen und erklärten die Abmahnungen für rechtmäßig. Von einem Missbrauch der Abmahnung gemäß Paragraf 8 Absatz 4 UWG mit dem Ziel, beim Konkurrenten ausschließlich Kosten für die Rechtsverfolgung entstehen zu lassen, könne keine Rede sein.

Maßgeblich für die Sicht des OLG war das finanzielle Risiko des abmahnenden Unternehmens. Schließlich trage der Abmahnende im Falle der unberechtigten Abmahnung die Gebühren für den von ihm beauftragten Advokaten und habe zusätzlich entstehende Kosten für den Gegenanwalt und das Gericht zu übernehmen, falls der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt wird. Aufgrund dieses hohen Risikos könne laut Richterspruch nicht von Missbrauch ausgegangen werden. Vielmehr folge aus der Vielzahl der Abmahnungen und der Anträge auf Erlass von einstweiligen Verfügungen, dass es sich bei der Nichteinhaltung der Informationspflichten um einen "verbreiteten Missstand" handle. (Noogie C. Kaufmann) / (hob)