Sand im Getriebe der Logistep-Massenabmahner

In mehreren Fällen sorgen fehlerbehaftete Abmahnungen von Rechtsanwaltskanzleien, die ihre Daten vom Unternehmen Logistep beziehen, für Verwirrung bei den Empfängern.

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Von
  • Holger Bleich

Ins Getriebe der Strafanzeigen- und Abmahnmaschinerie rund um das Antipiracy-Unternehmen Logistep scheint in jüngster Zeit Sand gekommen zu sein. Logistep durchforstet im Auftrag von Rechteinhabern Tauschbörsen gezielt nach Angeboten von bestimmten urheberrechtlich geschützten Dateien. Wird die Suchsoftware fündig, loggt sie die IP-Adresse des Anbieters sowie Datum und Uhrzeit des Angebots ein und übermittelt diese Daten an den Rechteinhaber oder dessen Anwaltskanzlei.

Hauptabnehmer dieser Daten ist die für Massenabmahnungen bekannte Karlsruher Rechtsanwaltskanzlei Schutt-Waetke. Im Dezember 2006 verschickte Schutt-Waetke eine Reihe von Abmahnungen an Internetnutzer, die die "urheberrechtlich geschützte Syncronisationssoftware Easy2sync" im eDonkey-Netzwerk zum Download angeboten haben sollen. Man vertrete den Rechtinhaber und Entwickler der Software, nämlich die IT-Services Thomas Holz aus Mülheim an der Ruhr.

Knapp zwei Wochen später erhielten die angeblichen Rechtsbrecher ein erneutes Schreiben von Schutt-Waetke. Man habe den Sachverhalt nochmals überprüft, hieß es nun, und habe festgestellt, dass es sich bei der getauschten Datei nicht um die kostenpflichtige Vollversion, sondern um "die kostenfrei erhältliche Freeware-Version" handle. Die Kanzlei entschuldigte sich für das "technische Versehen" und erklärte die zuvor versandte Abmahnung als gegenstandslos.

Auf Nachfrage erklärte Rechtsanwalt Thomas Waetke, es handle sich um 22 zurückgezogene Abmahnungen: "Die Personen, die bereits den Schadenersatz und die Gebühren bezahlt haben, haben die Beträge natürlich auch wieder zurückerhalten. Der Hinweis sei erlaubt, dass uns das Problem aufgefallen war und wir entsprechende Maßnahmen ergriffen haben, bevor ein Betroffener uns dies gesagt hatte."

Ein anderer Mandant von Schutt-Waetke hat offenbar mittlerweile die Segel gestrichen: Der Lernsoftware-Entwickler Holger Achtermann hat den Vertrieb seiner Programme eingestellt, und zwar "auf Grund von Softwarepiraten, Hackern, Spinnern und Menschen, die meinen, jede Software auch mit Key-Generatoren einsetzen zu können", wie er auf seiner Homepage schreibt. Weiter heißt es dort: "Nach fast einem 3/4 Jahr ohne eine einzige verkaufte Lizenz ärgern wir uns nicht mehr! Laden Sie wie gewohnt die Software von eMule oder sonstigen P2P-Netzen. Viel Spaß dabei! Beachten Sie aber bitte, dass Sie eventuell dabei erfasst und abgemahnt werden könnten!"

Auch die für das Musiklabel 3p abmahnende Frankfurter Kanzlei Kornmeier und Kollegen erhält ihre Daten von Logistep. Und auch bei Kanzlei Kornmeier scheint etwas durcheinanderzukommen. In mehreren Fällen schwören die Abmahnungsempfänger Stein und Bein, zum Zeitpunkt des angeblichen Verstoßes keinen einzigen Tauschbörsen-Client installiert zu haben. Vereinzelt können sie angeblich auch nachweisen, dass sie die in der Abmahnung angegeben IP-Adresse zu keinem Zeitpunkt von ihrem Provider zugewiesen bekommen haben. In einem heise online vorliegenden Fall hat die Telekom als Zugangsprovider das auch bestätigt.

Auf Nachfrage von heise online bestätigte Rechtsanwalt Udo Kornmeier, dass es "aufgrund eines bürotechnischen Versehens" tatsächlich dazu gekommen sei, "dass in Abmahnschreiben, die wir im Auftrag unserer Mandantschaft an Rechtsverletzer gerichtet haben, IP-Adressen, Uhrzeiten und andere Angaben verwechselt wurden". Dies ändere jedoch nichts daran, dass die abgemahnten Personen als Rechtsverletzer tatsächlich festgestellt worden seien. Deshalb habe man sie auch nicht über die Irrtümer informiert. (hob)