Sachsen will Massenabfragen von Handy-Daten begrenzen

Die sächsische Regierung hat einen Gesetzesantrag verabschiedet, mit dem die Funkzellenabfrage zur Auswertung von Mobilfunkdaten bundesweit eingeschränkt werden soll. Die bestehende Regelung sei nicht präzise genug.

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Die sächsische Landesregierung hat am Dienstag einen Gesetzesantrag verabschiedet, mit dem die Funkzellenabfrage zur Auswertung von Handy-Daten bundesweit eingeschränkt werden soll. Das Landeskabinett reagierte mit der Bundesratsinitiative auf die umfangreiche Analyse hunderttausender Verbindungs- und Standortinformationen im Umfeld einer Demonstration gegen Neonazis im Februar in Dresden. Die von Datenschützern scharf kritisierte "Handy-Affäre" hatte zuvor bereits Umbesetzungen bei der sächsischen Polizei ausgelöst.

Laut dem sächsischen Vorstoß, für den Eckpunkte bereits vor der Sommerpause bekannt geworden waren, soll eine Funkzellenabfrage künftig nur noch erlaubt sein, wenn der Verdacht auf ein Delikt vorliegt, für das zumindest eine Freiheitsstrafe von einem halben Jahr vorgesehen ist. Bislang bezieht sich Paragraph 100g der Strafprozessordnung bereits auf Vergehen von "erheblicher Bedeutung". Dem Entwurf zufolge muss künftig zudem ein Richter zustimmen, wenn einmal erhobene Daten auch in anderen Strafverfahren verwendet werden sollen. Bisher liegt diese Entscheidung bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft.

Stärken will Sachsen zugleich die Rechte unbeteiligter Dritter. Unverdächtige, die von einer solchen Abfrage betroffen sind, sollen in der Regel über die Datenerfassung informiert werden. Außerdem soll der Datenschutzbeauftragte eines Landes künftig in eine entsprechende Überwachungsaktion eingebunden werden. Schließlich ist auch eine Regelung vorgesehen, wonach die personenbezogenen Daten, die weder zur Strafverfolgung noch für die gerichtliche Überprüfung erforderlich sind, unverzüglich gelöscht werden müssen.

Der sächsische Justizminister Jürgen Martens zeigte sich überzeugt, dass die Funkzellenabfrage auch mit der Neuregelung "ein wirksames Instrument zur Bekämpfung schwerer Kriminalität" bleibe. Die bisherigen Bestimmungen seien "nicht präzise genug" gewesen. Der FDP-Politiker räumte ein, dass die in Dresden erfolgte Massenabfrage auch auf Grundlage des jetzigen Entwurfs grundsätzlich möglich gewesen wäre. Gegen die Verdächtigen sei wegen schweren Landfriedensbruchs ermittelt worden. Martens betonte aber, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung ausgeweitet werden solle und insgesamt eine "restriktivere Praxis als bislang" angestrebt werde. Sein Kollege im Innenressort, Markus Ulbig (CDU), begrüßte die Initiative, da sie mehr Rechtssicherheit schaffe. Gleichzeitig habe das Kabinett im Bereich der Polizei einen Katalog mit Qualitätsstandards für Funkzellenabfragen entwickelt, der fortan landesweit Anwendung finden werde.

Ob sich für den Vorstoß im Bundesrat die erforderliche Mehrheit finden lassen wird, zeichnet sich derzeit noch nicht ab. Das Bundesjustizministerium hatte den Abriss für die Initiative zunächst begrüßt. Die Bundesregierung erklärte vor Kurzem aber, dass sie keinen Korrekturbedarf an der umstrittenen Norm zur Funkzellenabfrage sehe. Schon jetzt sei bei der Beantragung der Ermittlungsmaßnahme zu berücksichtigen, inwieweit Dritte davon betroffen seien, und das Instrument daher gegebenenfalls eingegrenzt werden müsse oder nicht angewandt werden dürfe. (vbr)