Schleswig-Holstein macht Ernst mit Ausstieg aus dem Glücksspiel-Staatsvertrag

Noch in dieser Woche soll der Gesetzentwurf der Kieler Landesregierung abgesegnet werden, der eine Freigabe von Sportwetten und Online-Casinos vorsieht. Sie will so den illegalen Markt austrocknen.

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Noch in dieser Woche soll der Gesetzentwurf der schleswig-holsteinischen Landesregierung endgültig abgesegnet werden, der eine weitgehende Freigabe von Sportwetten und Online-Casinos vorsieht. Sie will so den illegalen Markt austrocknen. "Voraussichtlich Donnerstag wird das Vorhaben auf jeden Fall in dritter Lesung verabschiedet", erklärte Hans-Jörn Arp, Vizechef der CDU-Fraktion im Kieler Landtag, am Montag auf der Medienwoche Berlin-Brandenburg. Vom 1. März an würden damit gültige Lizenzen für private Sportwetten-Anbieter erteilt, erläuterte Arp; es gebe bereits 40 Interessenten.

Der Entwurf der schwarz-gelben Landesregierung, den die EU-Kommission im Mai als europarechtskonform eingestuft hat, sieht im Vergleich zum Vorstoß der restlichen Länder für den geplanten neuen Glücksspiel-Staatsvertrag keine Beschränkung auf wenige private Anbieter vor. Die Lizenzgebühren sollen allein "kostendeckend" sein, führte Arp aus. Dazu komme eine Umsatzbesteuerung von 20 Prozent. Rechtswidrige Anbieter aus dem Ausland sollen laut dem Entwurf nicht per Websperren ausgeschlossen werden; auch darin unterscheidet er sich vom Entwurf der Ländermehrheit, den die EU-Kommission für unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht hält. Zugelassen werden sollen auch Live-Wetten, bei denen während eines Spiels auf Ereignisse gesetzt werden kann. Ein Beirat soll die Grenzen für diese Wettform festsetzen.

Der bisher einzige staatliche Sportwetten-Anbieter Oddset hat Arp zufolge nur einen geringen Marktanteil. Es sei daher wichtig, die im rechtlichen Graufeld agierenden Unternehmen über die bis zu siebenjährige Lizenz zu kontrollieren und damit zugleich Geld in den Staatshaushalt zu pumpen. Die so eingefangenen Anbieter dürften auch Werbung machen, was den Medien und Sportvereinen zugutekomme. Die anderen Länder, die Arp bis zum Frühjahr noch für ein gemeinsames Vorgehen gewinnen will, müssten anerkennen, dass die Entscheidungsträger für Marketingetats mit mehreren hundert Millionen Euro "dann im hohen Norden sitzen". Dies werde voraussichtlich Bewegung in die derzeit stockenden Gespräche über einen Neuanfang beim Glücksspiel-Staatsvertrag bringen und für andere EU-Länder vorbildlich sein.

Medienhäuser begrüßen die schleswig-holsteinische Initiative prinzipiell. Davon werde ein "Liberalisierungsdruck" ausgehen, hofft Dietrich von Klaeden, bei Axel Springer für Regierungsbeziehungen zuständig. Wenn andererseits der alte Glücksspiel-Staatsvertrag weiter gelte im kommenden Jahr, "sind wir im rechtlichen Graubereich" beim Schalten von Werbung für Sportwetten. Thomas Deissenberger, Chef von Constantin Sport Marketing, bezeichnete die momentane Rechtsunsicherheit als "extrem". Die Rechtsprechung tendiere aber bereits dazu, liberaler zu werden. Bernd Schiphorst, Aufsichtsratsvorsitzender des Sportvereins Hertha BSC, verfolgt die Bestrebungen im Norden ebenfalls mit Sympathie: "Unser Ziel ist es, im Sponsoring- und Werbemarkt tätig zu werden." Es gehe aber vor allem um die Erhaltung des Amateursports. (anw)