Telecom-Riese Verizon wirft VoIP-Carrier Vonage Patentklau vor

Vonage verwende grundlegende von Verizon entwickelte Verfahren wie die Terminierung von VoIP-Calls im Festnetz oder Billing, beklagt Verizon. Der Geschäftsbetrieb von Vonage geht während der Klärung der Vorwürfe weiter.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Der US-Telecomkonzern Verizon, einer der größten Anbieter von Festnetz- und Mobilfunkanschlüssen in Nordamerika, wirft dem auf VoIP-Telefonie spezialisierten US-Unternehmen Vonage Patentverletzung vor und hat Klage vor einem Bundesgericht in Virginia erhoben. Vonage verletze geistiges Eigentum von Verizon, indem es für VoIP-Dienste relevante Verizon-Entwicklungen verwende, berichtet unter anderem die New York Times. Hierzu zählten Verfahren wie die Terminierung von VoIP-Anrufen in leitungsgebundenen Netzen, Abrechnungs-(Billing-)Tools sowie die "fraud detection", das heißt Verfahren zur Entdeckung und zum Schutz vor missbräuchlicher Verwendung der Dienste eines Carrier. Hinweise auf die angeblichen Patentverletzungen hätten sich im Börsenprospekt von Vonage gefunden. Die Firma war erst Ende Mai an die Börse gegangen.

Die Untersuchung, ob Vonage Verizon-Patente verletzt hat, dürfte sich über mindestens ein Jahr erstrecken. Der Geschäftsbetrieb von Vonage kann allerdings weitergehen, da Verizon beim Gericht nicht beantragt hat, dass Vonage mit der Klageerhebung die von den umstrittenen Patenten betroffenen Dienste einstellt – was faktisch den Geschäftsbetrieb des VoIP-Spezialisten lahmgelegt hätte. In einer Presseerklärung weist Vonage die Vorwürfe des etablierten Konkurrenten zurück: Vonage respektiere das geistige Eigentum anderer, ferner beruhten die Dienste von Vonage auf eigenen Entwicklungen oder ordnungsgemäß lizenzierten Verfahren Dritter. Vonage beklagt, von Verizon nicht vor der Klageeinreichung über die Vorwürfe informiert worden zu sein und kündigte "energische Gegenwehr" im Verfahren an.

Schon am ersten Handelstag an der New Yorker Börse rutschte die Vonage-Aktie unter Ausgabekurs und hat seither kontinuierlich an Wert verloren. Nach Bekanntwerden der Verizon-Klage fiel der Wert der Vonage-Aktie auf rund die Hälfte des Ausgabekurses. Neben der Patentklage muss sich der VoIP-Anbieter bereits mit Klagen enttäuschter Aktionäre auseinandersetzen, berichtet das Wall Street Journal. Nachdem vor dem Börsengang institutionelle Anleger Bedenken über das Geschäftsmodell von Vonage geäußert hatten, warb Vonage verstärkt in den Reihen der eigenen Kundschaft für den Aktienkauf.

Per 1. April hatte das Unternehmen nach eigenen Angaben 1,6 Millionen Telefonanschlüsse unter Vertrag. Der Brancheneuling ohne eigenes Netz setzt auf ein schnelles Kundenwachstum und vertreibt VoIP-Dienste an Endkunden vor allem in den USA sowie in Kanada und in Großbritannien und häufte – als hätte es den New-Economy-Rausch und den Kater danach nie gegeben – enorme Verluste an: Im Geschäftsjahr 2005 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 269,2 Millionen US-Dollar und einen Nettoverlust 261,3 Millionen US-Dollar. Obwohl zahlreiche Kunden den US-Berichten zufolge den Markennamen Vonage als Synonym für VoIP nutzen, bezweifeln Analysten, dass sich der Newcomer gegen die etablierten Telecom- und Kabelnetzbetreiber behaupten kann. Diese verfügen über eigene Netzinfrastruktur sowie Endkundenanschlüsse und setzten zunehmend auf Triple-Play-Angebote, die außer VoIP noch Multimedia-Dienste offerieren. (ssu)