Rückschlag für Microsoft im Streit um das Browser-Patent von Eolas

Das US-Patentamt beharrt auf dem weiten Schutzanspruch des Ablegers der University of California, was Auswirkungen auf den über 500 Millionen US-Dollar schweren Rechtsstreit gegen den Softwaregiganten haben dürfte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 149 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von

Das US-Patentamt hält an dem umstrittenen Softwarepatent von Eolas Technologies fest, auf dessen Basis der Ableger der University of California in San Francisco Microsoft wegen Verletzung der umfassenden Schutzansprüche zur Einbettung von Multimedia-Applikationen in einen Web-Browser auf Schadensersatz verklagt hat. Die Bestätigung der Monopolansprüche der Internetfirma sind ein schwerer Rückschlag für den Softwaregiganten, der bereits gerichtlich zur Zahlung von Strafgeldern in Höhe von 521 Millionen beziehungsweise 565 Millionen US-Dollar verdonnert wurde. Die Redmonder hatten das entsprechende Urteil allerdings angefochten, weil sie wichtige Angaben zum Stand der Technik ("Prior Art") nicht berücksichtigt sahen. Ein Berufungsgericht hatte ihnen Recht gegeben und den Fall an eine niedere Instanz zur erneuten Verhandlung zurück verwiesen. Nachdem das Patentamt nun aber offen Partei für Eolas ergriffen hat, sieht es für Microsoft schlecht aus.

Das Patent der Firma Eolas, die vom Chicagoer Zellbiologen Michael Doyle im Alleingang betrieben wird, deckt nach Ansicht des zuerst verhandelnden Gerichts insbesondere die Art und Weise ab, mit der Microsoft Plug-ins für multimediale Applikationen und ActiveX-Anwendungen in den Internet Explorer eingebunden hat. Theoretisch könnten von den weiten, 1998 gewährten Ansprüchen aber auch die gängigen Browser anderer Hersteller betroffen sein. Microsoft gab in der Berufung an, dass der Viola-Browser des Entwicklers Perry Pei-Yuan Wei bereits 1993 die Einbettung von interaktiv ausführbarem Programmcode in Web-Dokumente zum Standard gemacht hätte. Auch das US-Patentamt hatte zwischenzeitlich Zweifel an den Eolas-Ansprüchen. Es schreibt nun aber in seiner 73-seitigen Gerichtsnotiz (PDF-Datei), dass die Eingaben Microsofts zu Viola nicht "tafelfertig" die Eolas-Erfindung "lehren oder nahe legen". Das die Sache neu behandelnde Gericht muss sich die Auffassung der Behörde zwar nicht zu Eigen machen, Abweichungen sind aber in der Praxis selten.

Die University of California hat die in dieser Woche erfolgte offizielle Fürsprache rasch begrüßt: "Wir sind erfreut, dass die neue Untersuchung des Patentamtes die ursprüngliche Beurteilung des einzigartigen Beitrags der Universität zu der Technik, die das Internet antreibt, bestätigt hat", erklärte James Holst, der Justiziar der staatlichen Einrichtung. Die Entscheidung stelle sicher, dass die Patentrechte der Universität, die eine "signifikante Innovation mit weit reichenden öffentlichen Vorteilen und Nutzungsmöglichkeiten" darstellen würden, geschützt seien.

Eine Microsoft-Sprecherin beklagte dagegen die "enttäuschenden Nachrichten". Der Softwaregigant werde sich aber trotzdem voll weiter für eine "erfolgreiche Lösung" einsetzen. Als Trumpf stechen könnte nun in dem Gerichtsverfahren aber nach Ansicht von Experten höchstens noch die Tatsache, dass Eolas bei der Einreichung seines Patentanspruchs keinen Hinweis auf die Viola-Vorarbeiten mitlieferte. Generell auswirken dürfte sich die "Notiz" des Patentamtes auf die Einschätzung zahlreicher weiterer als trivial bezeichneter Softwarepatente. Florian Müller, der Gründer der europäischen Kampagne NoSoftwarePatents.com zeigt sich zumindest nach seinen Erfahrungen im langen Streit um die EU-Richtlinie zu computerimplementierten Erfindungen besorgt: "Die Patentbefürworter haben uns erzählt, Patente mit übermäßig breiter Wirkung ließen sich anfechten. Wenn selbst Microsoft mit seinen Ressourcen das nicht schafft, was sollen dann kleinere Firmen machen?"

Sollte er die Wahl zum Europäer des Jahres gewinnen, will Müller daher das dortige von Microsoft gesponserte Preisgeld an den Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) spenden. "Microsoft ist ja noch nicht so weit, unsere Sache direkt zu unterstützen", stichelt der Spieleprogrammierer. Das erfordere wohl noch "ein paar mehr Fälle der Sorte Eolas." Microsoft selbst hat im Kampf um die europäische Gesetzgebung so gut wie jede Lobbyorganisation unterstützt, die sich in Brüssel für Softwarepatente stark machte. In den USA setzt sich der Konzern gerade für eine Reform des Patentsystems ein, mit der es "Patent-Trolle" schwerer gemacht werden soll, Rechtsstreitigkeiten gegen Patentinhaber anzuzetteln. Gleichzeitig stocken die Redmonder ihr Portfolio an Softwarepatenten massiv auf und sicherten sich dabei jüngst etwa Ansprüche auf die Behandlung von E-Mail-Adressen als Objekte. (Stefan Krempl) / (mhe)