Softwarepatente: Entscheidung nächste Woche fraglich

Laut Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy hat das Ministergremium die EU-Richtlinie erneut nicht auf der Tagesordnung.

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Zum Ärger von Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy hat anscheinend der EU-Ministerrat die Annahme seines umstrittenen Standpunkts zur Richtlinie über die Patentierbarkeit "computerimplementierter Erfindungen" erneut verschoben. Nach den Plänen der luxemburgischen Ratspräsidentschaft sollte die im Mai nach langem Streit gefundene, seitdem aber auch wiederholt in den eigenen Reihen angezweifelte Position am 17. Februar von den Finanzministern offiziell verabschiedet werden. Der Punkt habe es aber erneut nicht auf die Tagesordnung für das Treffen geschafft, wird ein Sprecher McCreevys in Medienberichten zitiert. Eine Ratssprecherin wollte die Ansage des Kommissars gegenüber heise online jedoch nicht bestätigen. Die Ratspräsidentschaft werde erst Anfang nächster Woche die Tagesordnungen endgültig festlegen.

McCreevy, der dem Ministerrat wiederholt seine Unterstützung für dessen Richtlinienversion zugesagt hatte, müsste bei der angekündigten Verschiebung Farbe bekennen. Am Donnerstag wird der EU-Parlamentspräsident gemeinsam mit den Ausschussvorsitzenden in der "Konferenz der Präsidenten" der Volksvertretung mit sehr großer Wahrscheinlichkeit einen Antrag des Rechtsausschusses annehmen, in dem dieser auf einen Neustart des kompletten Gesetzgebungsverfahrens dringt.

Die EU-Kommission wäre damit wieder am Hebel. Sie kann den Antrag akzeptieren und ihren ursprünglichen Richtlinienentwurf oder einen veränderten dem Parlament erneut für die 1. Lesung übergeben. Dem Begehr der Abgeordneten Folge leisten muss sie aber nicht. Zahlreiche Industrievertreter und Hightech-Verbände hatten sich in jüngster Zeit gegen eine Neuauflage ausgesprochen. Auch mit dem Microsoft-Vorstandschef Bill Gates hatte McCreevy das Thema im Januar kurz erörtert.

Druck auf die luxemburgische Ratspräsidentschaft sollen dieses Mal erneut vor allem die Dänen gemacht haben, heißt es in Brüsseler Diplomatenkreisen. Sie hatten schon Anfang Februar ein Abnicken der Ratsposition verhindert. Die dänische Regierung trat jetzt weiter auf die Bremse, weil sich das Parlament in Kopenhagen nach den Neuwahlen am Dienstag erst rekonstituieren müsse. Gegen eine kurzfristige Verabschiedung des Standpunkts der Minister hatte sich am gestrigen Donnerstag auch noch einmal das niederländische Parlament ausgesprochen. Ob angesichts der avisierten Lage, mit der wieder alle Optionen offen wären, der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) dennoch seine angekündigten Demonstrationen in Brüssel und Berlin abhalten wird, ist noch unklar. Vieles spreche aber dafür, heißt es bei dem Verein, da der Rat gerade wieder ein gutes Beispiel für "Intransparenz, Inkonsistenz und absoluter Ratlosigkeit" gegeben habe.

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(Stefan Krempl) / (anw)