Erstes Open-Source-Werkzeug der Biotechnologie

Australische Wissenschaftler wollen Bakterien, mit denen sich Pflanzen gentechnisch verändern lassen, erstmals unter einer Open-Source-Lizenz der Allgemeinheit zur Verfügung stellen.

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Von
  • Thilo Resenhoeft
  • dpa

Das Wort "Durchbruch" wird in Berichten über Forschungsergebnisse oft und gern überstrapaziert. Im Fall der australischen Pflanzengenetiker um Richard Jefferson ist Aufhorchen indes angebracht. Die Forscher der privaten Organisation Cambia haben gleich mehrere Bakterien zu neuen "Transportern", so genannten Genfähren, umgestaltet. Mit ihrer Hilfe lassen sich neue Erbanlagen in zahlreiche verschiedene Pflanzen übertragen -- etwa, um sie gegen Schädlinge zu wappnen, gegen Salz und Kälte -- oder ihnen bessere Erträge zu entlocken.

Zwar lässt sich diese Aufgabe seit rund 25 Jahren mit dem weithin eingesetzten Agrobakterium tumefaciens erledigen. Wenn mit dessen Hilfe jedoch ein kommerzielles Produkt entsteht, müssen Patente und Lizenzgebühren großer Biotechnologie-Firmen beachtet und bezahlt werden. Die neuen, in Australien hergestellten Genfähren hingegen bilden das weltweit erste "Open Source"-Werkzeug der Biotechnologie, erklären ihre Schöpfer, die ihr System von BIOS-Lizenzen im Fachjournal "Nature" vorstellen . "Open Source" nutzt nicht nur demjenigen, der neue Genfähren von den australischen Forschern bestellt. Wer die Bakterien effizienter macht, gibt das Ergebnis offen weiter und lässt damit andere profitieren.

Es fällt lediglich eine kleine Gebühr an, um die Änderungen für alle Beteiligten sichtbar in einer zuverlässigen Datenbank zugänglich zu machen -- und auch diese muss nur von jenen aufgebracht werden, die es sich leisten können, heißt es in den BIOS-Vorschriften (Biological Innovation for Open Society). Dieses Lizenzmodell soll den Zugang zu Techniken und deren Weiterentwicklung ermöglichen, ohne dass sich einer der Teilnehmer ein Monopol darauf sichern kann.

Agrobakterien gelten als die einzigen bekannten Organismen, die von Natur aus ihre Wirtspflanzen gentechnisch verändern. Sie dringen meist über kleine Verletzungen in die Pflanzen ein. Dort übertragen sie einen kleinen Teil ihrer Erbsubstanz DNA in die Pflanzenzelle. Diese wird dadurch veranlasst, Nährstoffe für das Bakterium zu produzieren. Um Pflanzen gentechnisch zu verändern, stecken die Forscher die gewünschten Gene in die Bakterien und lassen sie von ihnen in die Pflanzen schleusen. Hergestellt wurden die neuen Bakterien im Labor der privaten Non-Profit-Forschungsorganisation Cambia. Das Wort bedeutet im spanischen und italienischen "Wechsel". In "Nature" beschreiben die Forscher um Richard Jefferson nun, wie sie die neuen Genfähren hergestellt haben.

Die Hauptarbeit bestand darin, die für die Infektion von Pflanzen wichtigen Gene aus dem Agrobakterium herauszulösen und auf die anderen Mikroorganismen zu übertragen. Sie erzeugten drei neue Genfähren, die künftig unter dem Namen "TransBacter" firmieren. "Diese Resultate werden ohne Zweifel Auswirkungen für Pflanzenforschung und Biotechnologie haben", urteilt Stanton Gelvin von der Purdue Universität in West Lafayette (US-Staat Indiana) in einem begleitenden "Nature"-Kommentar. (Thilo Resenhoeft, dpa) / (pmz)