Web-Erfinder Tim Berners-Lee erhält "Quadriga"-Preis

Der Erfinder des World Wide Web sprach sich beim Erhalt der Auszeichnung in Berlin dafür aus, die Privatsphäre und den universalen Charakter des Internet aufrecht zu erhalten.

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Sir Tim Berners-Lee (links) zusammen mit der "Quadriga" und dem Laudator, Siemens-Chef Klaus Kleinfeld

Sir Timothy Berners-Lee, der Erfinder des World Wide Web, ist am gestrigen Tag der deutschen Einheit in der Berliner Komischen Oper mit der Quadriga ausgezeichnet worden. Der mit 25.000 Euro dotierte Preis wird alljährlich am 3. Oktober von der Werkstatt Deutschland an Persönlichkeiten vergeben, die "Vision, Mut und Verantwortung" bewiesen haben. Der Laudator, Siemens-Chef Klaus Kleinfeld, bezeichnete den studierten Physiker Berners-Lee als "echten Ritter", da er mit seiner Erfindung "das Wissen der Welt jedem verfügbar gemacht hat". Acht Milliarden Seiten würden Suchmaschinen inzwischen im Web finden. Zudem hätten sich Firmen wie Google oder das Projekt Gutenberg daran gemacht, Millionen von Büchern verfügbar zu machen. "Meine Kinder können nicht mehr ohne das Web leben", gestand Kleinfeld. Zurecht sei das Hypermedium auch bereits als "Friedenskraft" bezeichnet worden.

In der Entscheidung des Kuratoriums hatte es geheißen, dass das WWW zum "Symbol des globalen Zeitalters" geworden sei. Es komme dem Mythos nahe, das Weltwissen an einem Ort zu vereinen. Das Web sei zudem "das Perpetuum Mobile des Weltgeistes", da es jedem offen stehe und jeder daran mitwirken könne. Das sich das Hypermedium zum "Marktplatz, Forum und zur Bibliothek" entwickelt habe, sei vor allem auch der "uneigennützigen Haltung" des jetzigen Direktors des World Wide Web Consortium (W3C) am Massachusetts Institute of Technology (MIT) zu verdanken. Bei einer Pressekonferenz vorab hatten Jury-Mitglieder in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass Berners-Lee auf Patente für seine Erfindung verzichtet habe und sie daher so rasant um sich greifen konnte. Kleinfeld erwähnte diese Tatsache nicht: Siemens spielt in der Liga der Patentweltmeister an der Spitze mit.

Berners-Lee, der sein Hypertext-Projekt im Jahr 1989, als die Wiedervereinigung Deutschlands mit der Maueröffnung ihren Anfang nahm, am CERN in Genf erstmals vorstellte, zeigte sich sehr gerührt, als "Programmierer" gemeinsam mit Präsidenten und anderen hochstehenden Politikern den Preis zu bekommen. Ohne den "wundervollen Geist der internationalen Zusammenarbeit" von "Freiwilligen" wäre aus seiner Erfindung nichts geworden, sagte er bescheiden. Ferner sei das World Wide Web noch lange nicht "fertig", müsste beispielsweise noch auf mobile Plattformen sinnvoll ausgedehnt und "smarter" werden.

Auf dem Weg in die Zukunft wünschte sich Berners-Lee, dass das Web ein "universales Medium" bleiben und in allen Ländern sowie auf allen erdenklichen Geräten weiter laufen sollte. Bei der Ausweitung des Webs sei zudem zu beachten, dass es dezentralisiert gestartet sei. Es solle zwar "eine Stimme der Wahrheit" werden, aber "ohne zentrale Autorität". Auch müssten natürlich Kriminelle verfolgt werden, die im Web ihr Unwesen trieben. Gleichzeitig müsste es den Menschen aber weiter möglich sein, "legitime Dinge unter der Wahrung ihrer Privatsphäre im Web zu erledigen". Das WWW böte Platz für Harmonie und Vielfalt in einem und dürfte nicht den Charakter eines "globalen McDonald's" übergestülpt bekommen. Zu den weiteren Preisträgern gehörten der "Einheitskanzler" Helmut Kohl, der Aga Khan sowie fünf Frauen aus Nordirland, die gegen die Selbstjustiz und den Schweigekodex in ihrer Heimat aufbegehrt hatten. (Stefan Krempl) / (jk)