Mit "80-Plus"-Netzteilen zum Energy Star 4.0

Schon vor dem Inkrafttreten der deutlich verschärften vierten Fassung der Energy-Star-Richtlinien kann man einige zertifizierte Rechner kaufen.

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Desktop-PCs, Workstations und Notebooks, die die Energy-Star-Kennzeichnung der US-Umweltbehörde EPA tragen, müssen ab dem Stichtag 20. Juli deutlich verschärfte Auflagen in Bezug auf ihre Leistungsaufnahme erfüllen. Während die alten Energy-Star-Richtlinien lediglich den Energiebedarf von Computern in Standby- und Soft-Off-Betriebsmodi regelten, begrenzt die neue Fassung 4.0 auch die Leistungsaufnahme bei unbelastetem (On/Idle-)Betrieb und schreibt zwingend den Einsatz sogenannter "80-Plus"-Netzteile vor, die bei 20 und 50 Prozent Belastung sowie unter Volllast mindestens eine Effizienz von 80 Prozent erreichen müssen.

Während viele Notebooks die Energy-Star-4.0-Auflagen problemlos erfüllen dürften und Workstations nach wie vor recht viel Strom schlucken dürfen, müssen die Hersteller vieler gewöhnlicher Desktop-Rechner ihre Konfigurationen wohl überdenken: 80-Plus-Netzteile bauen zwar schon einige Zulieferer in Serienstückzahlen, doch mit einigen älteren Prozessoren (etwa Intel Celeron D, Pentium 4 und Pentium D) und vor allem mit aktuellen Grafikkarten sind die Energy-Star-4.0-Vorgaben kaum zu schaffen: Geräte der Kategorie A nämlich, die einen Einzelkernprozessor und weniger als 1 GByte Hauptspeicher haben, dürfen im Leerlaufbetrieb höchstens 50 Watt verheizen. Der Gerätekategorie B gesteht die neue Richtlinie immerhin 65 Watt zu, aber diese Rechner müssen sowohl mindestens 1 GByte RAM als auch einen Mehrkern-Prozessor (oder mehrere Prozessoren) aufweisen.

Wer einen Energy-Star-Aufkleber der Kategorie C auf sein Produkt kleben will, das bis zu 95 Watt im Leerlauf aufnehmen darf, muss damit außer mehreren Prozessorkernen noch eine separate Grafikkarte mit mindestens 256 MByte eigenem Speicher versorgen sowie auch mindestens noch eine der drei folgenden Optionen: mehr als eine Festplatte, mindestens 2 GByte Hauptspeicher oder eine TV-Karte.

Gegen die strengen Auflagen hatten die Grafikchiphersteller ATI (jetzt AMD) und Nvidia bereits im Vorfeld der Verabschiedung der Richtlinie im Herbst 2006 opponiert, doch die EPA blieb hart. Eines der Argumente der Grafikchipfirmen war, dass Hauptprozessor und Mainboard-Chipsatz typischerweise schon so viel von den 95 Watt aufzehren, dass man Energy-Star-4.0-C-Geräte kaum noch mit Mittelklasse-Grafikkarten ausstatten könne.

Die neue Stromspar-Richtlinie begrenzt nicht den maximalen Leistungsbedarf von Computern – in der sicherlich oft zutreffenden Annahme, dass die meisten Rechner nur kurzzeitig voll ausgelastet sind und den größten Teil ihrer Gesamtbetriebsdauer im Leerlauf verbringen. Energy Star 4.0 schreibt aber vor, dass stationäre Geräte aller Kategorien im Schlafmodus (Sleep bedeutet hier ACPI S3, also Suspend-to-RAM) maximal 4 Watt aufnehmen dürfen, wobei der Netzwerkchip aktiv bleiben muss (wenn auch nicht mit voller Geschwindigkeit). Im Soft-Off-Zustand (ACPI S5) dürfen es nur 2 Watt sein; für eine Wake-on-LAN-Funktion sind 0,7 Watt Zuschlag erlaubt.

Die Richtlinie schreibt auch vor, dass Energy-Star-4.0-Rechner so vorkonfiguriert sein müssen, dass sich nach 15 Minuten ohne Benutzereingaben der Monitor in einen Stromspar-Zustand schaltet und nach 30 Minuten der komplette PC – hier droht Begriffsverwirrung, weil Microsoft bei Windows den EPA-"Sleep"-Modus als "Standby" bezeichnet und der von der EPA "Standby" genannte Soft-Off-Zustand erst nach dem "Herunterfahren" erreicht wird.

Für Notebooks gibt es übrigens nur zwei Kategorien mit (A) 14 Watt On/Idle-Leistung und (B) 21 Watt On/Idle-Leistung, wobei alle Notebooks mit einem separaten Grafikchip und mindestens 128 MByte Grafikspeicher unter B fallen. Notebooks dürfen im Standby höchstens 1 Watt schlucken und beim "Schlafen" 1,7 Watt, ihr externes Netzteil muss 84 Prozent Wirkungsgrad erreichen, sofern es mehr als 49 Watt liefern kann.

Von den großen PC-Herstellern haben sowohl Dell als auch HP – zumindest für den US-Markt – bereits erste Geräte im Angebot, die Energy-Star-4.0-tauglich sein sollen. Dabei handelt es sich um Laptops und einige Bürorechner aus den jeweiligen Profi-Baureihen mit Onboard-Grafik. Die Firma Fujitsu-Siemens veröffentlicht in diesem PDF-Dokument zahlreiche Messwerte aktueller Esprimo-Bürorechner, die Energy Star 4.0 nicht ganz erreichen; dabei wird noch ein weiterer Aspekt deutlich: Bei aktivierter vPro/AMT-Fernwartungsfunktion überschreiten die damit ausgestatten Rechner mit rund 8 Watt (statt 2 bis 3 Watt) Leistungsaufnahme im Standby-Modus die Energy-Star-4.0-Vorgaben. Diese gelten übrigens nur für Rechner, die nach dem 20. Juli 2007 hergestellt werden.

Die EPA-Richtlinien haben unter anderem den Effekt, dass die PC-Hersteller Druck auf Chipfirmen wie AMD, Intel oder Nvidia ausüben, sparsamere Bauteile zu entwickeln. So hat AMD bereits eine spezielle Stromspar-Baureihe von Desktop-PC-Prozessoren aufgelegt, Intel hat bei neuen Kern-Steppings einiger CPUs die Leerlaufverluste deutlich gesenkt. Auch die kommenden 25- und 45-Watt-Grafikchips von AMD dürften für Energy-Star-Rechner interessant sein. (ciw)