Neutrinos schneller als das Licht - Einstein widerlegt? [update]

In einem Live-Webcast wird CERN auf die spektakulären Messsungen eingehen, denzufolge es Neutrinos mit Überlichtgeschwindigkeit geben soll. Nachprüfen kann man das nur am Tevatron im Fermilab, das ganz zufällig Ende September abgeschaltet werden soll.

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Von
  • Andreas Stiller

150.000 Bleiplatten, 1300 Tonnen schwer benötigt der Tau-Neutrino-Detektor des INFN-Labors

(Bild: INFN)

Das OPERA-Experiment, das CERN zusammen mit dem italienischen INFN Gran Sasso Labor unternimmt, hat Neutrinos gemessen, die sich mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen, was nach Einsteins spezieller Relativitätstheorie nicht möglich sein dürfte. Die bereits im Vorbeschleuniger des Large Hadron Collider (im Super Proton Synchronotron, SPS) entstehenden Myon-Neutrinos wurden in dem 730 km entfernten italienischen mit 1300 Tonnen Blei abgeschirmten Labor detektiert (die Myon-Neutrinos oszillieren dabei zu Tau-Neutrinos, die man leichter nachweisen kann) und die Laufzeit des rund 2,4 ms langen Flugweges auf 10 ns genau vermessen.

Bei rund 15.000 Neutrinos war die Laufzeit um 60 ns schneller, als es der Lichtgeschwindigkeit entspricht. In den letzten Monaten haben die Forscher immer wieder das Messverfahren überprüft, aber keinen Fehler gefunden. Nun haben sie sich entschlossen, ihre Messergebnisse zu veröffentlichen. Nachprüfen kann das außer dem Fermilab in Illinois derzeit allerdings niemand. Deren Beschleuniger Tevatron soll jetzt Ende September abgeschaltet werden. Die spektakulären CERN/INFN-Ergebnisse kamen also gerade noch rechtzeitig, um vielleicht eine weitere Verlängerung der Lebenszeit des Tevatrons zu ermöglichen.

Um 16:00 MESZ wird CERN in einem Live-Webcast auf die Entdeckung eingehen, die möglicherweise die ganze Physikwelt umkrempelt – oder die eben, wie bei so vielen "Schneller-als-das-Licht"-Berichten zuvor, doch nur ein Messfehler ist.

[Update]

Für die Neutrino-Erzeugung reicht auch beim Fermi Lab der kleine Vorbeschleuniger aus. Also auch, wenn das Tevatron abgeschaltet wird, können die amerikanischen Forscher daran arbeiten, die CERN-Ergebnisse zu veri- oder eben auch zu falsifizieren. (as)