Überschnelle Neutrinos: Überprüfung in vier bis sechs Monaten

Die US-amerikanischen Fermilabs hoffen, die vom CERN gemeldete Überlichtgeschwindigkeit von Neutrinos in bereits vier bis sechs Monaten bestätigen oder als Messfehler entlarven zu können.

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Von
  • Andreas Stiller

Die US-amerikanischen Fermilabs hoffen, die vom CERN gemeldete Überlichtgeschwindigkeit von Neutrinos in bereits vier bis sechs Monaten bestätigen oder als Messfehler entlarven zu können. Das hat Jenny Thomas, Professorin für Teilchenphysik am University College London in einer E-Mail an TPM’s Idea Lab bekräftigt. Thomas ist Sprecherin des MINOS-Experiments, das im Prinzip schon im Jahre 2007 mit ähnlichen Ergebnissen aufwartete. Allerdings wiesen diese Ergebnisse größere Messungenauigkeiten auf, sodass eine Überlichtgeschwindigkeit nicht mit der erforderlichen Signifikanz festgestellt werden konnte.

Nun wollen die Wissenschaftler mit neueren Messmethoden die verschiedenen Laufzeiten nachträglich sorgfältiger einmessen und dann die alten Daten mit höherer Genauigkeit neu verrechnen – sonst wäre der ehrgeizige Zeitrahmen von nur sechs Monaten wohl nicht zu schaffen. Aber sie wollen auch die MINOS-Messungen mit einer Vielzahl von Verbesserungen wiederholen und unter anderem zehnmal mehr Daten ermitteln.

Bei MINOS schickt der Tevatron-Vorbeschleuniger die erzeugten Neutrinos auf eine wie zufällig ebenfalls 732 km lange Reise (und meist darüber hinaus) zur Soudan Mine in Minnesota. In einigen Jahren soll dann der geplante Linearbeschleuniger "Projekt X" im Large Base Neutrino Experiment (LBNE) seine Neutrinos zu den 1000 km entfernten Sanford-Untergrund-Laboren in South Datoka schicken.

Manchem Forscher am Fermilab kommt möglicherweise das Abschalten des Großbeschleunigers Tevatron sogar entgegen, der am 30. September um 2 Uhr Ortszeit seine letzten Protonen in den Entsorgungskanal aus Graphit, Aluminium und zuletzt Stahl schicken wird. Sie freuen sich auf das "Ausschlachten" des Tevatron mit all seinen Geräten in dem etwa 6,3 km langen Tunnel, von denen sich etliche für andere Experimente nutzen lassen. Andere werden nach 28 Jahren sehr erfolgreichen Betriebs des Beschleunigers sicher die ein oder andere Träne verdrücken, aber der LHC ist bezüglich Hochenergieforschung eben noch leistungsfähiger, auch sind dort schließlich die Fermilabs bei dem LHC-Großexperiment CMS maßgeblich dabei. Am Standort in Illinois wollen die Femilabs ansonsten von Hochenergie auf Hochintensität wechseln.

Speziell die Neutrinoforschung und die Suche nach dunkler Materie sowie Energie soll in den Fermilabs intensiviert werden. Dazu werden viele neue aufwendige Experimente vorbereitet, neben dem LBNE unter anderem auch NOvA, das die Oszillation von Myon-Neutrinos in Elektron-Neutrinos vermessen soll.

Hinzu kommt die Forschung an neuen Beschleunigern mit Supraleitung- und Hochfrequenztechnologie, die insbesondere für den geplanten Linearen Protonenbeschleuniger "Projekt X" gedacht ist, der auf dem Gelände des Tevatron ab 2015 seinen Betrieb aufnehmen soll. Von ihm versprechen sich die Wissenschaftler weitaus intensivere Neutrino-, Myon- und Kaon-Teilchenströme als bisher möglich. (as)