EU will mit Meldestelle gegen "Killerspiele" vorgehen

Nach Art einer Schwarzen Liste könnte der Eintrag bei der Meldestelle Verbote in anderen Mitgliedsstaaten nach sich ziehen. Deutschland werde während seiner EU-Ratspräsidentschaft die Lage in allen EU-Staaten analysieren, sagte die Bundesjustizministerin.

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Von
  • Jürgen Kuri

Neue Initativen zu einem EU-weiten Verbot von so genannten "Killerspielen" im Internet, wie sie unter anderem Bayerns Innenminister Günther Beckstein auf dem Treffen der europäischen Innen- und Justizminister in Dresden forderte, wollten die versammelten Minister nun doch nicht gleich unternehmen. Auf jeden Fall aber will die Europäische Union gegen "Killerspiele" und Gewaltvideos vorgehen. Die Debatte darum war nach dem Amoklauf an einer Realschule in Emsdetten in Deutschland erneut aufgeflammt, da unter anderem einige Politiker einen direkten Zusammenhang mit Spielen wie Counter-Strike und anderen Ego-Shootern herstellten.

Deutschland werde während seiner EU-Ratspräsidentschaft bis zum Sommer die Lage in allen 27 EU-Staaten analysieren, kündigte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) zum Abschluss eines dreitägigen Treffens mit ihren europäischen Amtskollegen am Dienstag in Dresden an. Alle Staaten sollen zudem verbotene Gewaltspiele an eine zentrale EU-Stelle melden, berichtet dpa von dem Ministertreffen. Nach Art einer Schwarzen Liste könnte dies Verbote in anderen Mitgliedsstaaten nach sich ziehen, wie EU-Justizkommissar Franco Frattini erklärte. "Wir müssen darauf hinarbeiten, den Schutz von Kindern auf einem möglichst hohen Niveau zu harmonisieren." Dazu solle die zentrale Sammlung dienen, sagte er. Zypries unterstützte diesen Plan: "Ich denke, dass Herr Frattini mit diesem Ansatz Recht hat."

Der Kommissar lobte das deutsche Beurteilungssystem für Gewalt in Computer- und Videospielen. Zypries schloss Änderungen jedoch nicht aus. Deutschland habe mit seinen Verboten und Strafnormen gute Erfahrungen gemacht. "Aber selbstverständlich werden wir uns in Deutschland auch dem europäischen Vergleich stellen, und vielleicht denke ich dann ja in einem halben Jahr anders darüber."

Streit gab es über das unter anderem von Beckstein geforderte Verbot von Gewaltspielen im Internet. Zypries entgegnete: "Es ist ein verbreiteter Irrglaube, dem offenbar auch Herr Beckstein unterliegt, dass man im Internet etwas verbieten könnte." Solche Angebote tauchten dann unter der Adresse der USA "oder irgendwelcher exotischer Karibikstaaten wieder auf", sagte Zypries.

Kommissar Frattini kündigte an, Brüssel werde 14 Millionen Euro für die Vernetzung der Justizbehörden in Europa bereitstellen. Eine Arbeitsgruppe der 27 EU-Staaten werde elektronische Standards erarbeiten, sagte Zypries. Neue zentrale Strukturen solle es nicht geben. Man wolle ein Informationsportal für die Justizbehörden einrichten und strebe eine Verknüpfung von Datenbanken an, wie die EU sie bei den Strafregistern begonnen habe.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bezeichnete laut dpa das dreitägige Treffen als guten Anfang für den deutschen Ratsvorsitz. Er hob die Einigung auf neue Ansätze in Einwanderungsfragen hervor. "Die Kontrolle der Außengrenzen ist wichtig, aber die Migrationspolitik nur auf die Kontrolle der Außengrenzen zu reduzieren, ist überhaupt nicht zielführend", sagte Schäuble. Die EU-Innenminister wollen unter anderem die Grenzen für legale Einwanderer öffnen.

Die Innen- und Justizminister bekräftigten in Dresden auch ihre Ablehnung der Todesstrafe. Sie unterstützten Überlegungen der EU- Außenminister, eine Resolution gegen Hinrichtungen bei den Vereinten Nationen einzubringen, sagte Zypries. Kommissar Frattini ergänzte, der kommende portugiesische Ratsvorsitz wolle den 10. Oktober zum europäischen Tag gegen die Todesstrafe machen.

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(jk)