UN-Netzkonferenz lehnt Wachhund fürs Netz ab

Ihren Vorschlag, eine UN-Organisation für die Überwachung der diversen Internetregulierer einzusetzen, hielten Brasilien und Indien auf dem 6. Internet Governance Forum nicht aufrecht.

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Von
  • Monika Ermert

Ein UN-Gremium als Wachhund für die verschiedenen Selbstverwaltungen im Netz fand wenig Gegenliebe beim 6. Internet Governance Forum (IGF) in Nairobi. Nach viel Kritik ruderten mit Brasilien und Indien zwei der drei für den Vorschlag verantwortlichen IBSA-Länder am Abschlusstag zurück.

Der Vorschlag sei noch nicht offiziell und bedürfe noch der Abstimmung mit allen Interessensgruppen, sagten die Regierungsvertreter. Man wolle eine bessere Chance für Entwicklungsländer schaffen, globale Netzpolitikfragen zentral zu beeinflussen. Dabei sei es nie um ein reines Regierungsgremium gegangen. Vorstellbar sei vielmehr, so der brasilianische Verteter Romulo Neves gegenüber heise online, ein „an die Vereinten Nationen angeschlossenes Multi-Stakeholder-Gremium“.

Zwar verkörpert das IGF genau dies – aus Sicht der der drei IBSA-Länder jedoch mit dem Nachteil, dass es nichts entscheidet. Laut Romulo wäre man mit einem stärkeren IGF, einer besser durch die Regierungen kontrollierten ICANN und mehr Unterstützung für die Entwicklungsländer schon ein großes Stück weiter. Ob ein zusätzliches Gremium damit überflüssig würde, ließ er offen.

Beobachter sprachen nach der Diskussion in Nairobi von einem taktischen Manöver der beiden Länder, um mehr aus dem IGF herauszuholen. Zurzeit blieben viele Regierungen der Veranstaltung und dem Regierungsbeirat des ICANN (GAC) fern, weil sie keine Einflussmöglichkeiten auf die Governance-Verfahren sähen.

Fiona Alexander von der US-National Telecommunications and Information Administration (NTIA) bezweifelte den Nutzen einer weiteren Organisation. Regierungen hätten durchaus Einflussmöglichkeiten, etwa im GAC. Der habe immerhin 70 seiner 80 Forderungen bei der Einführung neuer Top Level Domains durchgesetzt.

Während der IBSA-Vorschlag Gegenstand heftiger Debatten war, wurde kaum über den Vorschlag Chinas und Russlands für einen Code für mehr Sicherheit im Netz diskutiert. Er sieht ebenfalls ein neues Aufsichtsgremium vor.

Zum Abschluss des IGF protestierten mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen gegen den Gastgeber im kommenden Jahr, Aserbaidschan. Das Land liegt beim Ranking der Organisation Freedom House, die Meinungs- und Pressefreiheit untersuchte, auf Rang 152. Zwei Blogger klagen zurzeit gegen ihre unrechtmäßige Verhaftung vor dem Europäischen Menschengerichtshof. Zum zweiten Mal nach Tunis fände eine UN-Konferenz, auf der es unter anderem um Meinungsfreiheit im Netz geht, in einem Land statt, das dieses Recht nicht gewährleistet. Deshalb unterstützten viele Abschlussredner den Vorschlag, das Thema Menschenrechte zum Schwerpunktthema des IGF 2012 zu machen. (se)