Gläserne Patienten beim Bush-Besuch

Beim Wien-Besuch von US-Präsident George W. Bush sollten Arztpraxen entlang der vom Staatsgast befahrenen Route Daten von zu dieser Zeit behandelten Patienten offenlegen.

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Ein Wien-Besuch von US-Präsident George Walker Bush und seiner Gemahlin hat die österreichischen Behörden auf erstaunliche Ideen gebracht. Polizeibeamte haben im Vorfeld Kontakt mit Ärzten aufgenommen, deren Ordinationen entlang der von dem Staatsgast befahrenen Route liegen. Die Ärzte sollten Namen, Geburtsdatum und Adresse jener Patienten offenbaren, die an den Besuchstagen (20. und 21. Juni) vorstellig wurden. Ärztekammer, Datenschützer und Opposition reagierten mit Kritik. Das Innenministerium bestätigt die Anfragen und begründet sie damit, dass den Patienten der Zutritt zu den Sperrzonen erleichtert werde.

Die Ärztekammer empfiehlt ihren Mitgliedern, in derartigen Fällen keine Auskünfte zu erteilen. Sie würden sich wegen Verletzung des Arztgeheimnisses strafbar machen. Die einschlägige Bestimmung des §54 Ärztegesetz 1998 erlaubt "die Offenbarung des Geheimnisses" nur, wenn dies "nach Art und Inhalt zum Schutz höherwertiger Interessen der öffentlichen Gesundheitspflege oder der Rechtspflege unbedingt erforderlich ist."

Der SPÖ-Nationalratsabgeordnete Johann Maier wird eine Anfrage an Innenministerin Liese Prokop (ÖVP) stellen. Maier möchte unter anderem wissen, an wen die von Ärzten und Geschäftsleuten erhobenen Daten weitergegeben wurden. "Mit dieser völlig ungerechtfertigten Datenspionage bei Wiener Ärzten gefährdet das Innenministerium den Bestand der Grundrechte in Österreich. Diesmal wird der Bush-Besuch zum Vorwand totaler polizeilicher Überwachung, beim nächsten Mal irgendein Ratstreffen", fürchtet Maier.

Laut Arge Daten wurden auch Geschäftsleute, deren Lokale in der großräumig errichteten Sperrzone liegen, dazu gedrängt, neben den Daten ihrer Mitarbeiter auch die Kundenkarteien offenzulegen - obwohl diese in der Sperrzonenzeit sowieso keinen Zutritt zu den Geschäften haben würden. Manche Unternehmer hätten sich einschüchtern lassen und durch die Herausgabe der Daten eine Datenschutzverletzung begangen. "Die Polizei im Übrigen auch, da sie nur rechtmäßig beschaffte Daten verwenden darf und sich daher - wie im vorliegenden Fall - bei einer Datenerhebung zur Gefahrenvorbeugung vergewissern muss, dass zu den Daten die erforderlichen Zustimmungen vorliegen", so die Arge Daten. Das Ministerium bestreitet diese Datenerhebungen. (Daniel AJ Sokolov) (cm)