Mehr Evolution in der Robotik
Der KI-Forscher Josh Bongard plädiert dafür, anpassungsfähige Maschinen zu bauen, die sich selbst umprogrammieren und auch ihre Gestalt verändern können. Die bisherigen Ansätze hält er für zu komplex und starr.
- Niels Boeing
Als die "Neue KI" in den Achtzigerjahren begann, Robotern eine Körperlichkeit zu geben, um mit der Welt zu interagieren und darüber Intelligenz zu entwickeln, war dies ein Paradigmenwechsel. Inzwischen bevölkern zahlreiche Prototypen die KI-Labore der Welt. Der große Durchbruch ist jedoch ausgeblieben. Der Schlüssel zu einer neuen Robotik sei die Fähigkeit zur Anpassung, "ein Problem zu lösen, auch wenn sich die Regeln zwischendurch ändern", sagt nun der KI-Forscher Josh Bongard im Interview mit Technology Review. "Wir versuchen also zunächst einmal, Roboter zu erschaffen, die sich anpassen können."
Der Wissenschaftler der University of Vermont gilt als einer der führenden Köpfe der evolutionären Robotik, die von der Biologie lernen will. "Die Evolution hat eine große Zahl von adaptiven Maschinen hervorgebracht – biologische Organismen", so Bongard. Seinem Team gelang es bereits, einen vierbeinigen Roboter zu konstruieren, der seine eigene Fortbewegung autonom umprogrammieren kann, wenn eines der Beine entfernt wird. "Die einzige Begrenzung dabei ist die zur Verfügung stehende Rechenleistung", sagt Bongard.
Nun arbeitet er an Maschinen, die auch ihre Gestalt verändern können. Voraussetzung sei, wandelbare Roboter nicht von Anfang zu komplex – mit Armen, Beinen und Sensoren – anzulegen, so Bongard. Er ist überzeugt: "Wenn diese Roboter lernen, was sie tun sollen, entwickeln sie die notwendigen Gliedmaßen von selbst." Vorerst existieren Bongards evolutionäre Roboter noch als Simulation.
Dass die Wissenschaft mit der Schaffung solcher künstlicher Tiere eine Grenze überschreite, glaubt der KI-Forscher nicht: "Die Robotik bringt uns nun dahin, zu erkennen, dass wir Menschen – gemeinsam mit allen anderen Tieren – einfache biologische Maschinen sind." Bongard ist zuversichtlich, dass neue intelligente Maschinen keine Bedrohung für die Gesellschaft sein werden. Im Gegenteil: "Am Ende werden sie mehr Jobs erzeugen, als sie zerstören", verspricht Bongard.
Das Interview auf Technology Review online:
• "Wir sind alle nur Maschinen"
(nbo)