Krieg der Provider: Level 3 trennt Verbindung zu Cogent

Durch das vorsätzliche Abschalten des Routing sind Teile des Internet für einige Benutzer nicht mehr erreichbar. Die Betroffenen sind über das Machtspiel der Provider sauer.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Axel Kossel

Gestern morgen hat der Netzbetreiber Level 3 seine Routen zum Netz des Mitbewerbers Cogent gekappt. Beide Firmen spielen in der höchsten Liga (Tier 1) und kaufen so gut wie keinen Transit ein, sondern vebinden sich ohne Traffic-Berechnung mit anderen Tier-1-Providern (Peering). Daher sind ihre Kunden jetzt vom jeweils anderen Netz gänzlich getrennt, sofern sie nicht noch bei anderen Service Providern einkaufen. Der Experte Richard A. Steenbergen, der die Routing-Unterbrechung als erster vermeldete, schätzt, dass dies bei Cogent und Level 3 jeweils für rund 7,5 Prozent der Kunden gilt. Leider, so Steenbergen, könne niemand zwei Netzbetreiber zwingen, direkt miteinander zu peeren, also kostenlos Daten auszutauschen, oder doch wenigstens Transit-Verkehr einzukaufen, falls man sich über ein Peering nicht einig wird.

Cogent-CEO Dave Schaeffer sagte im Interview mit heise online, man habe einen Interconnection-Vertrag mit Level 3, den bislang beide Seiten erfüllt hätten. Level 3 habe sich schon länger über die aggressive Preispolitik seines Unternehmens beschwert. Cogent habe vom ersten zum zweiten Quartal 2005 ein Wachstum von 28,5 Prozent erreicht, bei Level 3 seien es 13 Prozent gewesen. Die Abschaltung des Routings sei jedoch ohne Angabe von Gründen erfolgt. Man verhandle mit Level 3, doch eine Lösung sei noch nicht in Sicht. Auf keinen Fall werde Cogent seine Preise erhöhen, sagte Schaeffer.

Er kündigte an, dass Cogent allen Level-3-Kunden, die mit keinem anderen Service Provider Verträge haben, ein Jahr lang kostenlos Zugang zum Cogent-Netz einräume. Schaeffer weiter: "Level 3 hat viele seiner Kunden von 12 Prozent des weltweiten Internet-Traffic abgetrennt. Wir wollen den Betroffenen helfen." Allerdings sollte sich Cogent auch um seinen eigenen Kunden sorgen. Die machen in einschlägigen Foren ihrem Ärger Luft und drohen, ihre Rechnungen nicht zu bezahlen, solange Cogent ihnen keinen Zugang zum gesamten Internet bereitstelle.

Level-3-Sprecherin Jennifer Daumler widersprach gegenüber heise online der Darstellung von Cogent. "Bei Cogent tut man jetzt überrascht, Tatsache ist, dass sie bereits seit langem informiert sind." Level 3 habe bei einer Überprüfung seiner Peering-Abkommen Ungleichgewichte bei Cogent wie auch einigen anderen festgestellt und daraufhin angekündigt, dass man die kostenlose Interconnection beenden werde. "Das und nichts anderes war der Grund für das Depeering." Mit dem Vorschlag, dass Cogent künftig für den Traffic bezahlen soll, sei man nicht gut angekommen. "Wir stehen aber ganz sicher zu dieser Entscheidung", so Daumler. Für die eigenen Kunden, die betroffen sind, werde man so schnell wie möglich eine Lösung schaffen. Die Cogent-Kunden seien deren Problem. Die Frage, ob Kunden vorab informiert worden seien, beantwortete Daumler mit "teilweise".

Internet Service Provider und versierte Beobachter sind wenig überrascht. Der Münchner Routing-Experte Gert Döring beschreibt die Reaktion von ISPs so: "Aha, eine weitere Runde-Cogent-Depeering." Schon in der Vergangenheit hatte sich Cogent laut Döring mit seiner aggressiven Preispolitik unbeliebt gemacht. Mehrfach hatten andere Netzbetreiber wie France Telecom Cogent abgestraft. Die Aktion von Level 3 sei mit Ansage gekommen, sagt der französische DNS-Experte Stephane Bortzmeyer, nur etwas später als erwartet. Allerdings war Bortzmeyer überrascht, dass daraus ein kompletter Blackout wurde. Ein gesittetes Depeering hätten die Netzbetreiber über bezahlte Transit-Links neu geroutet. Schon wird auf der Mailing Liste der North American Network Operators Group gewitzelt, dass derartige Aktionen dem angeblich Atomkrieg-festen Netz doch etwas leicht das Licht ausblasen.

In der Regel, so die Experten, würden solche Streitereien nach einigen Tagen beigelegt. Wer zuerst unter der Last von Kundenanfragen zusammenbreche, werde vermutlich nachgeben. Wer das sein wird, ist aber noch offen. (Monika Ermert) / (Axel Kossel) / (ad)