FAQ: TV und Beamer kalibrieren
Farben sind Geschmackssache
Was soll eigentlich diese Kalibriererei? Die Farben sind doch Geschmackssache, da kann ich die Geräte doch einstellen wie ich will.
Wenn Sie wirklich schön finden, dass die Gesichtsfarbe der Tagesschausprecherin aussieht wie die eines Kirmesboxers mit Bluthochdruck oder die saftige Graswiese in Ostfriesland wie Flechtentundra in Feuerland – dann können Sie hier tatsächlich aufhören zu lesen. Im Ernst: Farbraum und Farbtemperatur sind exakt in den Videostandards Rec. 709 (HD) und Rec. 601 (SD) festgelegt und sowohl TV-Sender als auch DVD- und Blu-ray-Produzenten halten sich an diese Standards. Nur wenn Fernseher oder Beamer gemäß dieser Vorgaben eingestellt sind, sehen die Inhalte so aus, wie es die Macher im Sinn hatten. Und leider sind die wenigsten Heimkino-Geräte ab Werk ordentlich kalibriert.
Teures Equipment
Benötige ich fürs Kalibrieren spezielle Hardware oder kann ich per Augenmaß mit Testbildern arbeiten?
Für eine Kalibrierung der Farbzusammensetzung und des Farbraums benötigen Sie zumindest ein Colorimeter, einen Computer und Kalibriersoftware. Das ebenso wichtige Einstellen von Kontrast, Helligkeit, Farbsättigung und Schärfe gelingt dagegen auch ohne solche Zusatzhardware. Sie brauchen aber auf jeden Fall passende Testbilder. Diese finden Sie, inklusive deutschsprachiger Hinweise, zum Beispiel auf burosch.de – allerdings kostenpflichtig. Gratis-Testsequenzen gibt’s zum Beispiel im US-amerikanischen AVS-Forum (siehe c’t-Link am Ende des Artikels). Wenn Sie Ihre c’t-Hefte aufbewahren: Auf der c’t 13/08 beigelegten DVD finden Sie ebenfalls Testbilder und auf Seite 148 eine detaillierte Anleitung („Passend eingestellt“). Auf keinen Fall sollten Sie versuchen, auch die Farbbalance nach Augenmaß einzustellen – über den Daumen gepeilte Einstellungsversuche machen es in der Regel schlimmer als vorher.
Ans Eingemachte
Ich habe einen Messsensor und passende Software und will jetzt loslegen. Wie gehe ich am besten vor?
Eine detaillierte Anleitung finden Sie in c’t 5/10 auf Seite 176, der Artikel ist auch kostenlos auf der c’t-Website erhältlich (siehe c’t-Link).
EignungsprĂĽfung
Sind eigentlich alle Fernseher oder Beamer gleich gut fĂĽrs Kalibrieren geeignet?
Leider nicht. Inzwischen bieten zwar immer mehr Geräte die nötigen Einstellungsmenüs – aber eben nicht alle. Je teurer das Gerät, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man zumindest die Farbmischung für den Weißpunkt anpassen kann. Das zugehörige Menü finden Sie meist unter dem Namen „Farbweiß“, „Erweiterte Farbeinstellungen“, „Farbbalance“, „RGB“ oder „Farbmischung“. Gibt es solch ein Menü nicht, hilft Ihnen auch das beste Messgerät nichts. Als einziger Ausweg bleibt, ein Bildpreset oder eine Farbtemperatur-Einstellung zu nutzen, die am nächsten an den Normwerten liegt. Unserer Erfahrung nach orientieren sich die als „Film“, „Cinema“ oder „Kino“ bezeichneten Presets am ehesten an der Norm.
Wohin mit dem Sensor?
Wo muss man den Sensor eigentlich bei der Kalibrierung platzieren?
Bei Fernsehern sollten Sie den Sensor ungefähr in der Bildmitte anbringen. Dort spielt sich nicht nur die Handlung ab, sondern der Sehapparat fokussiert dort auch am ehesten – während sich die Displayränder schon im peripheren Sichtfeld befinden. Bei Projektoren gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Sie messen reflexiv von der Leinwandmitte oder Sie messen direkt am Objektiv im Lichtstrom. Ersteres hat den Vorteil, dass Sie die Charakteristik der Leinwand in der Messung berücksichtigen, letzteres bringt mehr Licht auf den Sensor – was zu einer höheren Genauigkeit führen kann.
Wahnsinnig teuer
Mir hat jemand erzählt, dass man zum Kalibrieren nicht nur ein teures Spektrometer braucht, sondern auch Software für über 1000 Euro. Das lohnt sich bei meinem billigen Fernseher doch gar nicht.
Klar gibt es teures Equipment auf dem Markt. Profis, die mit Heimkino-Kalibrierung Geld verdienen, werden Ihnen natürlich sagen, dass ein Spektralfotometer (wie das X-rite Eye One Pro für 900 Euro) und die Expertenversion der CalMAN-Messsoftware (1600 Euro) unbedingt notwendig seien. Das mag für absolute High-End-Heimkinos stimmen, aber für die Kalibrierung eines Mittelklasse-Fernsehers oder -Heimkino-Beamers reicht ein Spyder3-Colorimeter für 70 Euro und die Windows-Freeware HCFR (siehe c’t-Link) vollkommen aus.
Mysterium Messsonde
Das Spyder3-Express-Colorimeter kostet 70 Euro, ein Spektrometer 900. Gibt es da nicht riesige Unterschiede?
Ja, es gibt Unterschiede. Die spielen sich aber fast ausschließlich in sehr dunklen Bereichen ab. Als Faustregel gilt: Bei Graubildern mit weniger als 25 Prozent Gesamthelligkeit kann man sich auf die Messwerte günstiger Colorimeter nicht mehr verlassen. Bei allem, was darüber liegt, sind die Unterschiede minimal. Da es aber in den allermeisten Fällen ohnehin keine dedizierten Einstellungsregler für die einzelnen Grauwerte gibt – sondern nur grob für den eher hellen und den eher dunklen Bereich –, reicht es aus, das Gerät mit Grauwerten zwischen 30 und 80 Prozent zu kalibrieren.
Unterschiedliche Spinnen
Den Spyder3 gibt es in drei unterschiedlich teuren Varianten. Welchen soll ich nehmen?
Hersteller Datacolor verkauft den Spyder3 als Express- (70 Euro), Pro- (110 Euro) und als Elite-Variante (130 Euro). Die Unterschiede liegen vor allem im Funktionsumfang der beigelegten Software, die Hardware ist so gut wie identisch. Dem Express-Modell fehlt lediglich der Umgebungslichtsensor, den Sie für die Heimkino-Kalibrierung aber ohnehin nicht benötigen. Die Spyder-Software kann man übrigens nicht für die Projektor- oder Fernseherkalibrierung verwenden, sondern nur für Computermonitore: Die Software hinterlegt die Korrekturwerte selbstständig in der Lookup-Tabelle des Grafikkartentreibers, mit Heimkinogeräten kann sie dagegen nicht kommunizieren, weshalb man selbst an den Reglern drehen muss.