Microsoft als Urheber der PC-Industrie

In einem Interview mit dem US-Fernsehsender ABC erläuterte Microsoft-Gründer Bill Gates seine Ansichten über einige Entwicklungen auf dem derzeitigen IT-Markt und gab auch einen kleinen Einblick in sein Privatleben.

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Peter Jennings, seit Jahren Anchorman von World News Today beim US-Fernsehsender ABC, konfrontierte Bill Gates in einem Interview mit der Ansicht einiger Microsoft-Kritiker, das Unternehmen habe hauptsächlich von den Innovationen anderer profitiert. "Die größte Sache, die wir gemacht haben, ist, dass wir das Feld bestellt haben", konterte Gates. "Dort gibt es kein anderes Unternehmen, das das macht, was wir tun. Die Idee des PC, die Idee einer Software-Industrie war etwas einmaliges."

Xerox habe in seinem Forschungslabor viel zukunftsträchige Arbeit geleistet, zum Beispiel eine Bedienungsoberfläche entwickelt, wie sie nun bei Windows oder bei Apple eingesetzt werde. Nun seien einige der guten Leute bei seinem Unternehmen beschäftigt, insofern sei es richtig, Microsoft baue auf den Ideen anderer auf, räumte Gates ein. "Aber wenn es ein Unternehmen gibt, das viele Durchbrüche erzielt und dabei viele Risiken auf sich genommen hat, dann ist es Microsoft." Und weiter: "Wir sind verantwortlich für die Entstehung der PC-Industrie."

So habe der Software-Konzern eine zentrale Rolle bei der Verbesserung der Sicherheit von Computersystemen und das Thema sei eine große Herausforderung, sagte Gates auf Jennings' Einwurf, Microsoft werde vorgeworfen, nicht genügend Fortschritte zu machen. "Die Idee von kompatiblen Maschinen und kompatibler Software stammt von uns." Daher habe sein Unternehmen auch eine besondere Verantwortung. Sicherheit habe oberste Priorität. Die Menschen wollten für viele ihrer Aktivitäten Computer nutzen, aber nicht, wenn sie ihnen nicht sicher genug erscheinen.

Jennings wies auf einen Artikel hin, in dem geschrieben stehe, der Web-Browser Firefox sei auch hinsichtlich der Sicherheit besser als Microsofts Internet Explorer. "Es gibt in jedem Bereich, in dem wir tätig sind, Konkurrenz", antwortete Gates. "Die Medien lieben die Idee, die hinter Firefox steht. Wir werden dafür sorgen, dass unser Browser in Sicherheit und Funktion der beste bleibt." Die innovative Arbeit gehe hier schnell voran. Vor kurzem hatte Bill Gates die siebte Version des Microsoft-Web-Browsers angekündigt.

Dass der ebenfalls mit Microsofts Avancen konkurrierende Musik-Player iPod von Apple von 80 Prozent der Microsoft-Angestellten genutzt werde, die einen Player haben, wie es in manchen Medienberichten hieß, mochte Gates nicht bestätigen. Der iPod sei ein großer Erfolg, aber der Milliardär selbst benutzt einen Creative Zen. Was Apple mit dem iPod demonstriert habe, sei typisch für den Konkurrenten: ein Online-Musikladen nur für ihr eigenes Gerät. Microsoft hingegen wolle dafür sorgen, dass die Nutzer Wahlfreiheit haben.

Als weiteren wichtigen Konkurrenten neben Apple bezeichnete Gates den Suchmaschinenbetreiber Google, so wie auch die BefĂĽrworter und Entwickler von freier Software die Redmonder in Trab hielten. Es sei nicht so, dass sich Microsoft angesichts der immensen Marktanteile in einigen Bereichen fĂĽr unschlagbar hielte. "Wir wachen jeden Tag mit Gedanken an Unternehmen wie Digital Equipment, Wang oder Compaq auf. GroĂźe Unternehmen, die gute Leistungen gezeigt haben und die es heute nicht mehr gibt." Diese Gedanken seien Bestandteil der Microsoft-Kultur und trieben das Unternehmen dazu an, innovativ zu sein.

Gates kam auch bei dieser Gelegenheit nicht um das Thema Interoperabilität herum, das ihn spätestens seit den Sanktionen im EU-Kartellverfahren stark zu beschäftigen scheint. Auf die Schilderungen Jennings', gerade junge Leute sagten, Open Source sei wichtig für die Sicherheit, meinte Gates, die anderen würden auf ihrem Gebiet tätig sein, Microsoft auf seinem. Sein Unternehmen sorge aber dafür, dass ein Kunde einen Mix aus Microsoft-Produkten, Unix und Mainframe-Produkten laufen lassen könne. So könnten die Kunden projektweise entscheiden, welches Produkt das beste sei.

Gates bot in dem Interview auch einen kleinen Einblick in seine Privatleben. Neben seiner Arbeit als Chief Software Architect kümmere er sich hauptsächlich um die Bill and Melinda Gates Foundation. Für ihn sei es wichtig, in den Bereichen Gesundheit und Bildung den Menschen gleiche Chancen zu geben. Seine Kinder werde er auf Reisen in Entwicklungsländer mitnehmen, damit sie neue Eindrücke vom Leben der Menschen bekommen. Ansonsten versuche er sich im Tennis- und Golfspielen und lese viel. Sein letztes fertig gelesenes Buch sei Collapse von Jared Diamond gewesen. (anw)