Suchmaschinen: Zwischen Marktmacht und Medienregulierung

Die Notwendigkeit einer medienrechtlichen Kontrolle von Suchmaschinen bleibt umstritten.

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Von
  • Richard Sietmann

Am Arbeitsplatz ebenso wie im Privatleben sind Suchmaschinen eine alltägliche Anlaufsstelle im Internet. Mit dem Ranking der Suchergebnisse lenken sie die Aufmerksamkeit der Nutzer und üben auf diese Weise eine ähnliche Weise Macht aus wie Journalisten in den konventionellen Medien. Wenn in Deutschland inzwischen mehr als 80 Prozent aller Suchanfragen über einen einzigen Anbieter – Google – laufen, ist das bereits eine Machtkonzentration, die ähnlich wie im Rundfunk- und Presserecht der öffentlichen Regulierung bedarf?

"Die Medienregulierung verfolgt das Ziel, einem möglichst vielfältigen Angebot von Medien Platz zu machen", erklärte der Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, Norbert Schneider, heute auf der Podiumsdiskussion zum Thema "Die wachsende Macht der Suchmaschinen im Internet" der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. Dieses Ziel erreiche man "am besten dadurch, daß man Machtballungen verhindert und die Zugänge zu den zentralen Kommunikationsbereichen in der Gesellschaft offenhält". Wie Schneider plädierte auch die Medienexpertin und Bundestagsabgeordnete der Grünen, Grietje Bettin, für eine Vielfalt der Informationsmöglichkeiten, für die sich die Politik verantwortlich fühlen und die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sicherstellen müsse. "Wir halten die Dominanz einer einzelnen Suchmaschine für kritisch", erklärte sie.

Dagegen bekräftigte Rachel Whetstone, Chefin der Öffentlichkeitsarbeit bei Google Inc. in London, die bekannte Position des Suchmaschinen-Marktführers, dass Google kein Medienunternehmen sei, sondern nur auf Inhalte verweise. "Wir sind weder eine Zeitung noch ein Fernsehsender und beurteilen die Inhalte nicht – wir bringen einen Algorithmus zur Anwendung", erklärte sie. "Wir wollen nicht in die Position kommen zu entscheiden, was die Leute zu sehen oder nicht zu sehen bekommen". Über die Legalität oder Illegalität von Inhalten zu befinden, sei Sache der gewählten Vertreter in den Parlamenten; das jeweils geltende nationale Recht werde selbstverständlich respektiert. Auch die Kritik an der Marktmacht ließ sie nicht gelten. Das Internet hätte doch die Macht der traditionellen Medien gebrochen und zur "Demokratisierung des Zugangs zu Informationen" überhaupt erst beigetragen, dazu gehöre beispielsweise die Befreiung der TV-Zuschauer von der Bevormundung durch Journalisten: "Als aktive Zuschauer können wir nun nach den Nachrichten herausfinden, was diese Nachrichten für uns bedeuten".

"Wir glauben, daß die Macht, wenn man schon von Macht sprechen will, beim User liegt", meinte auch Volker Gläser, Direktor des Geschäftsbereichs Suchmaschinen bei Yahoo Deutschland. Den Vergleich mit journalistischen Funktionen hielt er für abwegig. "Wenn die Technologie Inhalte findet und als relevant bewertet, werden sie angezeigt; wenn ein Inhalt illegal ist, dann fällt er raus", beschrieb er die redaktionelle Eingriffschwelle.

Für Marcel Machill, Inhaber des Lehrstuhls für Journalismus und internationale Mediensysteme an der Universität Leipzig, macht es keinen Sinn, die Konzentration zu bekämpfen. "Die ist ja durch die Nutzer erst hervorgerufen, aber die Förderung von Alternativen kann sinnvoll sein". Solche Überlegungen sehe er "ganz entspannt", erklärte dazu Gläser von Yahoo; "wenn es ein öffentliches Bestreben zu einer öffentlich-rechtlichen Suchmaschine gibt, dann belebt das den Wettbewerb". (Richard Sietmann) / (jo)