((Requiescat) in (pace)): Zum Tod von John McCarthy

Im Alter von 84 Jahren ist der Erfinder der Programmiersprache Lisp gestorben. McCarthy prägte auch den Begriff "Künstliche Intelligenz".

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 89 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Wie jetzt bekannt wurde, ist der Informatiker John McCarthy am 23. Oktober im Alter von 84 Jahren gestorben. McCarthy erfand die Programmiersprache Lisp und prägte den Begriff Künstliche Intelligenz (KI). Im Jahre 1961 machte McCarthy den Vorschlag, künftige Computer müssten mit ihrer Rechenkraft als öffentliche Ressource allen Menschen zur Verfügung stehen.

John McCarthy

(Bild: stanford.edu)

John McCarthy wurde am 4. September 1927 in Boston geboren. Beide Eltern waren Kommunisten: Der irische Vater arbeitete als Streikorganisator, die litauische Mutter als Journalistin für den Federated Press Service, der damaligen kommunistischen Nachrichtenagentur. Sein Interesse an der Wissenschaft wurde vom Buch "100.000 Fragen" geweckt, eine Erklärung aller Technik, auf denen die Zukunft der Sowjetunion beruhen sollte. Während seiner Schulzeit studierte McCarthy mathematische Lehrbücher des California Institute of Technology und konnte mit dem Beginn seines Mathematikstudiums an diesem Institut im Jahre 1944 die ersten Semester überspringen.

Im September 1948 nahm McCarthy an einem Symposium teil, auf dem der Informatiker John von Neumann über selbstreplizierende Automaten referierte. 1949 wechselte McCarthy zum Promotionsstudium nach Princeton und arbeitete mit von Neumann an Automatenmodellen. Ab 1952 beschäftigte sich McCarthy mit dem Problem maschineller Intelligenz und diskutierte seine Arbeit intensiv mit Claude Shannon, der damals seine Theorie der Informationsverarbeitung entwickelte.

McCarthy fasste den Plan, nach dem Vorbild militärischer Sommerkonferenzen einen Workshop für Künstliche Intelligenz (KI) zu veranstalten – im Projektantrag zu diesem Workshop definierte er als Erster dieses neue Forschungsgebiet. Die von ihm initiierte Dartmouth-Konferenz gilt heute als Meilenstein in der Geschichte der KI-Forschung.

1958 arbeitete McCarthy bei IBM mit dem von Herbert Gelernter und Carl Gerberich entwickelten FLPL-System, der Fortran List Processing Language. Da diese für die chemische Synthese entwickelte KI-Sprache keine Rekursionen kannte, entwickelte McCarthy mit seinen Studenten eine eigene Programmiersprache, Lisp. Mit Eval führte er eine Funktion ein, die Lisp zur universalen Turing-Maschine machen sollte.

Von 1962 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2000 wirkte John McCarthy als Professor in Stanford, wo er das Stanford Institute of Artificial Intelligence (SAIL) leitete. Neben seinen Forschungen in der KI propagierte er die Entwicklung von Computersystemen für jedermann auf der Basis von Time-Sharing. Im Jahre 1961 schrieb McCarthy, wenn Computer sich so wie sie ihm vorschwebten, durchsetzten, könnten sie sich ebenso wie das Telefonsystem verbreiten. Der Computer könne die Basis einer neuen und wichtigen Industrie bilden.

Für seine Forschungen wurde John McCarthy mehrfach ausgezeichnet. 1972 wurde er mit dem Turing Award geehrt, 1991 erhielt er die National Medal of Science. Die letzte Auszeichnung war die Aufnahme in die Hall Of Fame (PDF-Datei) der Forscher, die sich um die Künstliche Intelligenz verdient gemacht haben.

Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit war John McCarthy ein reger Nutzer des Usenet und kommentierte viele wissenschaftliche Entwicklungen. Außerdem schrieb er Kurzgeschichten, in denen die Entwicklung der KI eine Rolle spielte. Seine Mitstreiter auf diesem Gebiet warnte er: "If you want the computer to have general intelligence, the outer structure has to be commonsense knowledge and reasoning." (anw)