Softwarepatentrichtlinie: Wer macht den nächsten Schritt?

Nach dem Neustartantrag des EU-Parlaments streiten sich die Kommission und der Ministerrat in Brüssel darüber, wie es weitergehen soll.

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Nachdem die Spitze des EU-Parlaments am Donnerstag einen Neustart des Verfahrens zur Verabschiedung einer Richtlinie über die Patentierbarkeit "computerimplementierter Erfindungen" verlangt hat, stehen die Kommission und der Ministerrat in Brüssel vor einem Scherbenhaufen. Beide Seiten hoffen, dass das jeweils andere EU-Gremium den Bann bricht und die weiteren Weichen stellt.

Die Kommission, die vom Parlament zur Vorlage eines neuen Richtlinienvorschlags aufgefordert wurde, verharrt in Blockadehaltung: "Wir haben von dem Antrag Notiz genommen", erklärte ein Sprecher des Binnenmarktkommissars Charlie McCreevy gegenüber heise online. "Wir werden dazu jetzt aber noch keine Position beziehen." Vielmehr sei der EU-Rat aufgefordert, zunächst seinen Standpunkt zum ursprünglichen Richtlinienvorschlag der Kommmission sowie zu den Änderungen durch das Parlament formell zu verabschieden. Erst dann werde man reagieren.

McCreevys Sprecher erklärte weiter, die luxemburgische Ratspräsidentschaft habe den Standpunkt bereits wieder auf die Tagesordnung für den Rat "Wettbewerbsfähigkeit" am 7. März gesetzt. Die Sprecherin des Wettbewerbsrats, Magdalena Martinez-Almeida, will aber nichts von einem im März zu erwartenden Beschluss wissen. Gegenüber heise online sagte sie, der Ausschuss der Ständigen Vertretungen der EU-Mitgliedstaaten (Coreper) habe sich am Freitag nicht darauf einigen können, den Standpunkt zur Patentrichtlinie auf die Agenda für den 7. März zu setzen. Das gelte ihres Wissens nach auch für andere Ministertreffen in den kommenden zwei Wochen.

Niemand will den Schwarzen Peter nehmen und die alte Richtlinie entweder beerdigen oder rasch auf den abschließenden Weg der Gesetzgebung bringen. Martinez-Almeida machte klar, dass ihrer Ansicht nach die Kommission am Zuge sei und das Begehren des Parlaments formell beantworten müsse. Auch deutsche Politiker wie Katja Husen, Mitglied im Bundesvorstand der Grünen, sehen die Kommission aufgefordert, "den Standpunkt des Europäischen Parlaments und einer zunehmenden Zahl nationaler Parlamente stärker zu berücksichtigen."

Florian Müller von der Kampagne NoSoftwarePatents.com zeigt sich aber besorgt, dass McCreevy "möglicherweise mehr daran interessiert ist, was für Microsoft gut ist, als was Europa im Ganzen nützt". Seine Bedenken begründet er damit, dass Microsoft nicht nur ein starker Befürworter der Ratsposition, sondern auch der größte Steuerzahler Irlands sei: Der Softwareriese beliefere aus dem "Steuerparadies" in Dublin seine Kunden in der gesamten EU.

Zum Thema Softwarepatente siehe auch:

(Stefan Krempl) / (ad)