EU-Parlament für bessere Bekämpfung von Kinderpornographie

Die EU-Abgeordneten haben Änderungen am Entwurf der EU-Kommission für eine Richtlinie zum schärferen Vorgehen gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern verabschiedet. Sie enthalten einen Kompromiss zu Websperren.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 57 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Das EU-Parlament hat am Donnerstag weitgehende Änderungen am umstrittenen Entwurf der EU-Kommission für eine Richtlinie zum schärferen Vorgehen gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern verabschiedet. Die Korrekturen umfassen einen Kompromiss zu Websperren, auf den sich Verhandlungsführer der europäischen Gremien im Sommer geeinigt hatten. Die Abgeordneten folgten damit dem Votum des federführenden Innenausschusses des Parlaments.

Die EU-Mitgliedsstaaten werden nun aufgefordert, alles Notwendige dafür zu tun, dass kinderpornographische Webseiten bei ihnen rasch entfernt werden. Sie sollen ferner "das ihnen Bestmögliche unternehmen", um Missbrauchsbilder auch in Drittländern löschen zu lassen. Solche Web-Angebote dürften zusätzlich geblockt werden, wenn das in einem "transparenten Verfahren" festgeschrieben werde. Zudem müssen Sperrungen "ausreichende Sicherheiten bieten", um zu gewährleisten, dass die Einschränkung "auf das Notwendigste" reduziert wird; auch sollen sie gerichtlich überprüfbar sein. EU-Länder müssen ferner das Heranpirschen an Kinder in Online-Foren ("Grooming") unter Strafe stellen.

Für den Bericht mit Korrekturvorschlägen der italienischen Konservativen Roberta Angelilli stimmten 541 Abgeordnete, zwei votierten dagegen bei 31 Enthaltungen. Die Berichterstatterin meinte, dass die überarbeitete Richtlinie den Kinderschutz stärke und neue Instrumente mit sich bringe, um Kindesmissbrauch zu verhindern. Der Text solle weit an die zuständigen Behörden und zivilgesellschaftliche Organisationen gestreut werden, um eine Politik der "Null Toleranz" gegen Straftaten an Kindern zu fördern.

Der Innenexperte der Grünen im EU-Parlament, Jan Philipp Albrecht, begrüßte, dass dank des "unnachgiebigen Einsatzes zur Aufklärung über die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, den eine breite kritische Öffentlichkeit gezeigt hat", der Plan von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström gescheitert sei, die Mitgliedsländer zu Websperren zu zwingen. Nun sei es entscheidend, dass die EU international eine effektive Bekämpfung des Kindesmissbrauchs an der Quelle einfordere. Die SPD-Abgeordnete Petra Kammerevert zeigte sich ebenfalls erleichtert, "dass wir die europaweite Einführung von Internetsperren erfolgreich verhindert haben".

Christian Bahls, Vorsitzender des Vereinigung von Missbrauchsopfern MOGiS, bedauerte, dass das Parlament keine grundlegende Verbesserungen für EU-Länder erreicht habe, "die bereits jetzt teilweise ohne gesetzliche Grundlage, ohne Richter oder sogar auf Grundlage von Geheimverträgen sperren". Fragwürdig sei zudem die Definition eines Kinds als "jede Person unter 18", zumal die Richtlinie unter die Erläuterungen zur Kinderpornographie auch Erwachsene mit kindlichem Erscheinungsbild und simulierte Handlungen fasse. Dies könne eine erhebliche Rechtsunsicherheit schaffen. Als Beispiel nannte er den Hauptdarsteller der Romanverfilmung "Die Blechtrommel". Joe McNamee von der "European Digital Rights"-Initiative (EDRi) betonte, dass Websperren grundsätzlich in den Geltungsbereich der europäischen Grundrechte-Charta fielen und so gesetzlich vorgeschrieben werden müssten. (anw)