Spiele treffen Kultur: Next Level II

Computerspiele als Ausdruck digitaler Kultur: Über 500 Teilnehmer beschäftigten sich mit dem verminten Thema auf der Next Level Conference 2011. Die Konferenz diente als Kontaktbörse für unabhängige Spieleentwickler und als Informationsveranstaltung.

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Von
  • Stefan Göhler

Computerspiele als Ausdruck digitaler Kultur: Vom 3. bis zum 5. November beschäftigte sich in Köln die zweite Next Level Conference in 15 Vorträge und 12 Workshops mit dem Thema. Hauptveranstalter war das NRW Kultursekretariat Wuppertal, das sich schon seit mehreren Jahren für digitale Kunst engagiert.

Für Christian Esch, den Direktor des Kultursekretariats, bestand das Ziel der Next Level Conference 2011 darin, "Spiele aus der Schmuddelecke zu ziehen" und der Allgemeinheit als Bestandteil der Kultur näher zu bringen. Mit diesem Hintergedanken wurde die Veranstaltung in die "Lange Nacht der Kölner Museen" eingebunden. Zudem sollte die Konferenz auch als Kontaktbörse dienen, bei der an Spieleentwicklung Interessierte mit Spieleprofis zusammentreffen. Während die Vorträge und Diskussionsrunden eher theoretische Themen behandelten, gingen die Workshops ans Eingemachte.

Das Fraunhofer FIT (Institute for applied Information Technology) stellte TidyCity vor. Bei diesem Location Based Game konnten Besucher mit Android-Tablets beliebige Objekte aus ihrer Umgebung abfotografieren, die dann Teil eines Suchrätsels wurden. Die Zürcher Hochschule der Künste stellte Bachelor-Projekte seiner Studenten aus: Im multiplayer-fähigen Rennspiel "Krautscape" bestimmt die Lenkrichtung des führenden Spielers den weiteren Streckenverlauf. Beim iPad-Spiel "Hollow Grounds" stürzt ein kleiner Vogel durch Tunnel, von rasanter Musik begleitet.

Das Cologne Game Lab zeigte zahlreiche Indie-Games, darunter das iPad-Spiel "Strange Rain", das auf meditative Weise zum Spielen mit Regen anregt und im Story-Modus eine düstere Geschite erzählt. Ebenfalls aus dem Game Lab stammt "Trauma", in dem eine Frau nach einem Autounfall jeden Tag denselben Traum erlebt.

[Update] Unter dem Motto "Crazy Machines" zeigten Mitarbeiter des Kölner Paidia Institute die Installation "Rube-Goldberg-Lauf-der-Dinge-Electronic-Circuit-Feedback-Machine". [/Update] Hierfür wurden alte und neue Computerspiele so an echtes Spielzeug gekoppelt, dass Aktionen in der realen Welt virtuelle Folgen hatten und umgekehrt. Die Installation beginnt mit einem mit einer Plastikhand gesteuerten Uralt-Sportspiel, geht über in Second Life, von wo aus eine SMS auf ein echtes Handy geschickt wird, das wiederum eine Szene in Counter Strike startet – eine moderne Version des Kurzfilms "Der Lauf der Dinge" quasi.

Es waren aber auch unabhängige Entwickler präsent; so demonstrierte irq7 Methoden zur Erzeugung von Gameboy-Musik und gab am Samstagabend auch selbstkomponierte Gameboy-Musik zum Besten. Die Echtzeit-Performance "Roland muss aufs Klo" ließ Besucher einen per Webcam aufgenommenen Menschen mit akustischen Anweisungen zur Toilette führen. Chris Hülsbeck, Komponist vieler Spiel-Soundtracks aus den Anfangstagen des PC und Amiga blickte in einem moderierten Vortrag auf seinen Lebensweg zurück.

Die Diskussionsrunden drehten sich vor allem um Kultur und Games. Ein Panel diskutierte den Presserummel um das von der Karlsruher Hochschule für Gestaltung entwickelte Mauer-Spiel "1378(km)". Die Workshops waren hingegen vor allem praktisch ausgerichtet: Bei "Rapid Zombie Prototyping" wurden im Schnellverfahren Zombie-Spiele auf die Beine gestellt und auf ihre Spielbarkeit getestet. Im Workshop "Serious Games" wurde das Marktpotenzial von Spielen mit ernsten Inhalten ausgelotet.

Spiele treffen Kultur: Next Level II (5 Bilder)

Crazy Machines in Aktion

Kunst-Spieleinstallation "Rube-Goldberg-Lauf-der-Dinge-Electronic-Circuit-Feedback-Machine": Den Anfang macht ein virtueller Läufer, den eine reale Plastikhand in Bewegung setzt.

Letztlich muss konstatiert werden, dass die Veranstaltung ihr erklärtes Ziel etwas verfehlt hat, Computerspiele aus der "Schmuddelecke" zu ziehen. Über die zweieinhalb Tage hinweg kamen etwa 500 Besucher zusammen. Die meisten Teilnehmer waren unter 35 Jahre alt und bereits in der Spieleszene aktiv. Auch während der Langen Nacht der Kölner Museen waren nur vereinzelt Besucher über 40 anzutreffen – obwohl die Vorträge und Diskussionen zum kulturellen Aspekt der Spieleszene genau auf diese Gruppe zielten.

So waren die Vortragshallen mäßig besucht, wohingegen die Workshops voll belegt waren. Erfolgreicher war die Next Level Conference 2011 als Kontaktbörse und Starthilfe für angehende Game-Designer. Ingesamt hat die Veranstaltung in jedem Fall das Potenzial, ein breiteres Publikum anzuziehen. So werden wohl nicht nur die Organisatoren hoffen, dass die Next Level Conference auch im kommenden Jahr wieder stattfindet. (ghi)