Brenner ohne Flamme

Das schwäbische Unternehmen WS Wärmeprozesstechnik hat einen energiesparenden und emissionsarmen Industriebrenner entwickelt. Das Geheimnis der Technologie heißt "FLOX", eine flammenlose Oxidation.

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  • Tanja Ellinghaus

Das schwäbische Unternehmen WS Wärmeprozesstechnik hat einen energiesparenden und emissionsarmen Industriebrenner entwickelt. Das Geheimnis der Technologie heißt "FLOX", eine flammenlose Oxidation.

Für ihre energiesparenden und emissionsarmen Industriebrenner erhielt das schwäbische Unternehmen WS Wärmeprozesstechnik den Deutschen Umweltpreis. Das Geheimnis der Technologie heißt "FLOX" – das steht für die "flammenlose Oxidation". Das FLOX-Verfahren findet mittlerweile breite Verwendung in der Industrie und lässt sich auch in der konventionellen Energieerzeugung einsetzen, um den Ausstoß von Stickoxiden zu begrenzen.

Als vielversprechendes, neues Anwendungsgebiet der FLOX-Technologie gelten Kohlekraftwerke. Hier soll das Verfahren eine emissionsarme Verstromung gewährleisten. Im Rahmen des Forschungsprojekts "FloxCoal" hat die Universität Stuttgart eine Pilotanlage zur flammenlosen Verbrennung pulverisierter Kohle entwickelt.

Das Innere eines Glühofens für Elektroblech, ausgerüstet mit keramischen Strahlrohren und mit FLOX-Brennern beheizt. Laut Joachim Georg Wünning ist das Bild "nachkoloriert, da der Fotograf nicht in den heißen Ofen wollte".

(Bild: WS Wärmeprozesstechnik GmbH)

Hierbei konnten die Stickstoffemissionen (NOx) bei der Verbrennung rheinischer Braunkohle um rund 20 Prozent gesenkt werden, bei polnischer Steinkohle sanken die NOx-Emissionen um etwa 65 Prozent. Im Nachfolgeprojekt "FloxCoal 2" geht es nun darum, die Technologie für den Einsatz in Großkraftwerken vorzubereiten. Bis das Verfahren im großen Maßstab in Kraftwerken genutzt werden kann, dauert es allerdings noch eine Weile, denn das Projekt ist gerade erst gestartet.

Dass die FLOX-Technologie einmal diesen Weg nehmen würde, konnte Joachim Alfred Wünning im April 1990 vermutlich noch nicht ahnen: Bei Versuchen, die Stickstoffemissionen in einem Brenner für Industrieöfen zu reduzieren, stieg die Temperatur während des Verbrennungsprozesses auf 1000 Grad Celsius. Aber in den Schaulöchern konnte der schwäbische Tüftler und Gründer der Renninger Firma WS Wärmeprozesstechnik keine Flamme mehr erkennen. Gleichzeitig "sprang die Stickoxidanzeige auf null", erzählt sein Sohn Joachim Georg Wünning, der mit seinem Vater das Unternehmen mit seinen knapp 100 Mitarbeitern leitet.

FLOX-Brenner mit Spaltstrom-Rekuperator. Der Rekuperator ist ein Wärmetauscher, der mit dem heißen Abgas die Verbrennungsluft vorwärmt und damit die sonst verlorene Abgasenergie für den Prozess zurückgewinnt. Der Rekuperator besteht aus eine Anzahl von flachen Rohren, durch die Verbrennungsluft strömt. Die Rohre wiederum werden von heißem Abgas umströmt.

(Bild: WS Wärmeprozesstechnik GmbH)

Entdeckt hatte der Firmengründer die flammenlose Oxidation – kurz: FLOX. Hierbei verbrennt Gas in einer Brennkammer ab einer Temperatur von 850 Grad Celsius ohne die typische Flammenfront. Das hat einen entscheidenden Nebeneffekt: Da die Bildung von Stickoxiden stets an der Flammengrenze erfolgt, entstehen ohne Flamme auch keine NOx-Emissionen.

Auf Basis des patentierten FLOX -Verfahrens entwickelt das Vater-Sohn-Gespann seit Anfang der 90er Jahre seine Brennersysteme, für die das Duo gemeinsam mit dem Gründer eines klimaneutralen Versandhauses den mit 500.000 Euro dotierten Deutschen Umweltpreis erhielt. FLOX-Brenner ermöglichen es energieintensiven Branchen ihre Emissionen zu drosseln und gleichzeitig Energie zu sparen.

Rohrglühofen, der mit Regenerativ-Brennern beheizt wird. Bei regenerativen Wärmetauschern wird ein Speichermedium wechselweise von Abgas und Verbrennungsluft durchströmt. Regenerative Wärmetauscher sind oft effizienter als Rekuperator-Wärmetauscher, aber technisch aufwändiger.

(Bild: WS Wärmeprozesstechnik GmbH)

Je nachdem, ob es sich um einen alten Brenner ohne Wärmerückgewinnung handelt oder um eine moderne Anlage, lässt sich mit FLOX-Technologie der Energieverbrauch um 20 bis 50 Prozent reduzieren, berichtet Joachim Georg Wünning. Das spart Brennstoffe und damit Geld: Deshalb setzt zum Beispiel der Stahlgigant Thyssen in seinem Werk in Dortmund zur Verzinkung von Blechen über 200-Brenner-Systeme von WS ein. Auch in den Hochtemperaturöfen der Keramik- und Chemieindustrie finden sich die Systeme.

Erreicht wird die FLOX-Verbrennung dadurch, dass Verbrennungsluft und Gas ungemischt und mit hoher Geschwindigkeit in die Brennkammer strömen. "Die Flamme wird weggeblasen", beschreibt Wünning das Verfahren, sodass keine intensive Reaktionszone direkt an der Brennermündung entsteht.

Regenerativ-Brenner im FLOX-Betrieb.

(Bild: WS Wärmeprozesstechnik GmbH)

Das Gas verbrennt dann gleichmäßig bei hoher Temperatur ohne Flammenfront im Brennraum. Um den Wirkungsgrad des Brenners zu erhöhen, wird die Abgaswärme mithilfe eines integrierten Wärmetauschers zurückgewonnen. Das ermöglicht eine starke Vorwärmung der Verbrennungsluft, die in der Anlage zirkuliert. Und die Rückgewinnung der Abgaswärme erlaubt es, Energie zu sparen.

Was die Stickoxidemissionen anbelangt, so können diese mit FLOX-Brennern zwar nicht vollkommen vermieden werden, auch weil das System während des Anfahrens im Flammenbetrieb läuft, dennoch sinken sie drastisch – laut Wünning um 50 bis 90 % im Vergleich zu einem herkömmlichen Brennersystem. Als weitere Nebeneffekte des "Feuers ohne Flamme" verschwinden die Geräuschemissionen, die sonst typischerweise beim Brennprozess auftreten, und es lassen sich auch Schwachgase einsetzen, die mithilfe der ausgefeilten Technologie vollständig verbrannt werden können.

Blick in einen Ofenraum, der mit Rekuperator-Brennern aufgeheizt wird. Die Brenner arbeiten im Flammen-Modus und können erst oberhalb von 850 Grad Celsius in den FLOX-Modus umgeschaltet werden. Dann ist keine Flamme mehr sichtbar.

(Bild: WS Wärmeprozesstechnik GmbH)

FLOX-Brenner finden sich mittlerweile nicht nur in Hochtemperaturöfen, sondern auch in Gasturbinen, in Mini-Blockheizkraftwerken oder in der Wasserstoffgewinnung, ebenso wie in der Biomethanerzeugung und der Biogasverbrennung. Weitere Anwendungen sind denkbar: "Mein Traum ist es, einmal ein Flugzeug mit FLOX-Technologie fliegen zu sehen", erzählt Joachim Georg Wünning. Aber das werde wohl noch 20 Jahre dauern. Klar scheint dennoch: Der Siegeszug der FLOX-Technologie ist in Zeiten immer knapper werdender Ressourcen kaum aufzuhalten. (tae)