Identifikationsnummer für alle Bürger kommt ab Juli

Der Bundesrat hat endgültig dem Vorhaben der Bundesregierung zugestimmt, wonach jeder Deutsche vom Baby bis zum Opa vom Bundeszentralamt für Steuern eine eindeutige Personenkennziffer erhält.

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Der Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung am gestrigen Freitag einer Verordnung (PDF-Datei) der Bundesregierung zugestimmt, welche verfahrenstechnische Einzelheiten zur Einführung einer Personenkennziffer erhält. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) vergibt demnach von Juli an jedem Deutschen vom Baby bis zum Opa eine eindeutige Identifikationsnummer. Die bislang dezentral geführten Datenbestände der rund 82 Millionen in Deutschland gemeldeten Personen aus rund 5300 Meldestellen werden gleichzeitig erstmals zentral bei der dem Bundesfinanzministerium angegliederten Behörde zusammengeführt. Ersetzt werden sollen damit die noch von Land zu Land unterschiedlich angelegten, bisherigen Steuernummern.

Die Länder hatten im Prinzip bereits im November grünes Licht für die Einführung der neuen Kennung gegeben. Mit dem Jahressteuergesetz 2007 erhielten die Meldebehörden zum Zweck der Einführung dieser Personenkennziffer zudem die Befugnis und Aufgabe, für jeden im Melderegister gespeicherten Einwohner ein eindeutiges Kennzeichen in Form des sogenannten vorläufigen Bearbeitungsmerkmal (VBM) zu vergeben und dieses zusammen mit den zu liefernden Datensätzen an das Bundeszentralamt zu übermitteln.

Die jetzt abgesegnete Verordnung enthält die durch die Einführung des VBM notwendig gewordenen verfahrenstechnischen Änderungen der Steueridentifikations-Nummerverordnung und der zweiten Bundesmeldedaten-Übermittlungsverordnung (BMÜV). So wird der Zeitraum, in dem Meldebehörden zum 1. Juli erstmalig Daten an das BZSt weiterleiten, von drei auf einen Monat verkürzt. Zudem wird für die Erstvergabe dem BZSt die Möglichkeit eröffnet, die vergebenen Identifikationsnummern auch auf Datenträgern an die Meldeämter zurückzuliefern.

Mit der parallel ebenfalls vom Bundesrat abgenickten Verordnung (PDF-Datei) zur Änderung der Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung BMÜV werden die mit den Novellierungen des Melderechtsrahmengesetzes, des Wehrpflichtgesetzes und des Straßenverkehrsgesetzes erfolgten Änderungen nach Abschluss des Umsetzungsprozesses in den Ländern nunmehr auf Bundesebene nachvollzogen. Damit wird unter anderem bei von mehreren Ländern gemeinsam betriebenen Vermittlungsstellen ein vom OSCI-Transport abweichendes Übermittlungsprotokoll zugelassen, das nur im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht werden muss. Das bisherige Verfahren der Datenübermittlung an die Deutsche Post und die Datenstelle der Rentenversicherungsträger wird zugleich ausschließlich auf die Datenübertragung über verwaltungseigene Kommunikationsnetze oder das Internet reduziert.

Die neue elfstellige Personenkennziffer selbst umfasst persönliche Daten wie Name, Künstlername, Geschlecht, Geburtstagsdatum, Adresse oder Doktorgrad. Da beim Vergabeprozess erstmals alle Meldedateien Deutschlands miteinander abgeglichen werden sollen, erwartet die Bundesregierung einige Schwierigkeiten bei der Zusammenführung der Datenbestände. Die Meldebehörden sind angehalten, gemeinsam mit dem zentralen Steueramt sämtliche "Unrichtigkeiten" in ihren Datenbeständen in Form von "Dubletten" oder "Karteileichen" im Rahmen des Aufbaus des neuen Systems aufzuklären. "Das ist die bislang größte Verwaltungsarbeit, die jemals auf einmal zu stemmen war", erläuert Dieter Ondraczek, Vorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft Ab Oktober sollen die ersten Bundesbürger ihre neue ID-Nummer mitgeteilt bekommen. Ondraczek rechnet mit drei bis vier Jahren, bis auch der letzte Bürger versorgt ist.

Datenschützer sehen die Personenkennziffer, die dem Betroffenen anders als die Personalausweisnummer noch über sein Ableben hinaus 20 Jahre lang angehaftet sowie mit umfangreicheren Datenbeständen verknüpft werden soll, kritisch. Sie fürchten einen Einstieg in die Totalerfassung der Bevölkerung. Private Kommunikationspartner der Finanzbehörden wie Arbeitgeber oder Auftraggeber der Steuerpflichtigen etwa könnten nach Ansicht der Bürgerrechtler die ID zur eindeutigen Zuordnung von Daten zu Steuervorgängen verwenden. Der Gesetzgeber habe sich keine Gedanken darüber gemacht, wie die Nutzung dieser Informationen im Wirtschaftsleben aufgehalten werden soll. Nach derzeitiger Gesetzeslage soll nur das Finanzamt Daten beim BZSt abrufen dürfen, andere Behörden lediglich in Ausnahmesituationen. Um das Kontrollnetz enger zu ziehen, könnten laut Ondraczek aber in Bälde weitere Gesetzesgrundlagen geschaffen werden. (Stefan Krempl) / (uk)