Core i7-3960X: Intel überholt sich selbst

Die sechskernige Sandy-Bridge-CPU für LGA2011-Mainboards löst den Core i7-990X für High-End-PCs und Single-Socket-Workstations ab.

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Mit dem Core i7-3960X hält die Sandy-Bridge-Technik nun auch Einzug in High-End-PCs und Single-Socket-Workstations. In dieser kleinen, aber teuren Nische hat die 2008 als erste Core-i-Vertreterin eingeführte LGA1366-Plattform drei Jahre lang überlebt: Noch immer liegt der im Februar 2011 nachgeschobene Core i7-990X mit sechs Westmere-Kernen in vielen Multi-Threading-Benchmarks weit vorne.

Die Ablösung Core i7-3900 alias Sandy Bridge-E (SNB-E) bringt nicht bloß die effizientere Mikroarchitektur mit der Befehlssatzerweiterung AVX, sondern auch einen im Prozessor integrierten PCI Express Root Complex der dritten Generation (PCIe 3.0), einen vierten Speicherkanal für DDR3-SDRAM sowie den Chipsatz mit zwei SATA-6G-Ports. Für die 40 PCIe-3.0-Lanes und den vierten RAM-Kanal sind zusätzliche Kontakte am Prozessor nötig, der deshalb nur auf Mainboards mit der Fassung LGA2011 passt: Die heißt nicht etwa wegen des Vorstellungsjahres so, sondern wegen der Anzahl der Kontaktfederchen. Um über die große CPU-Fläche gleichmäßigen Anpressdruck zu erzeugen, sind zwei Verriegelungshebel vorhanden, die in einer bestimmten Reihenfolge betätigt werden müssen.

Fassung LGA2011: Zwei Hebel bauen Anpressdruck auf.

Genau wie die alte LGA1366-Plattform wurde aber auch LGA2011 eigentlich für Server entwickelt: Die 2012 erwarteten Xeons der Baureihe E5-2600 (Sandy Bridge-EP) für Dual-Socket-Server und -Workstations kommen ebenfalls in LGA2011-Gehäusen. Deshalb sind in der Fassung auch Anschlüsse für den QuickPath Interconnect (QPI) vorgesehen, die der Core i7-3900 nicht nutzt: Er bindet den X79-Chip über das PCIe-ähnliche Direct Media Interface (DMI) an.

Außer dem leistungsfähigsten, aber mit 999 US-Dollar Listenpreis auch teuersten Core i7-3960X mit 3,3 GHz nomineller Taktfrequenz und 15 MByte L3-Cache bringt Intel auch den attraktiveren Core i7-3930K mit 3,2 GHz und 12 MByte für 555 US-Dollar; Anfang 2012 soll noch der billigere Quad-Core i7-3820 kommen. Zum Test stand nur der Core i7-3960X bereit, der sich, ebenso wie der 3930K, dank offenem Multiplikator leicht übertakten lässt.

Intel legt den In-a-Box-Versionen des Core i7-3900 keine Kühler mehr bei, die muss man nun extra kaufen. Alte LGA1366-Kühler passen nicht: Der Lochabstand ist zwar derselbe, aber statt Bohrungen sind nun Gewindehülsen vorhanden. Stecken "hohe" Speicherriegel mit Kühlblechen in den DIMM-Slots, die entlang zweier Seiten der CPU-Fassung angeordnet sind, passen manche ausladenden Tower-Kühler nicht aufs Board. Intel wird auch eine von Asetek gefertigte Wasserkühlung verkaufen; bei deren Einsatz muss man aber auf ausreichende Kühlung der CPU-Spannungswandler achten, die sich bei längerer Dauervolllast sonst überhitzen können. Dann drosselt die CPU ihre Taktfrequenz.

Der Core i7-3960X bindet je nach Board vier oder acht ungepufferte DDR3-Speichermodule mit jeweils maximal 8 GByte Kapazität an, also bis zu 64 GByte RAM. Eine ECC-Funktion bleibt künftigen Xeon-Versionen vorbehalten, man munkelt von einer Baureihe Xeon E5-1000, welche die Serie Xeon 3600 ablösen wird. Die Taktfrequenz des RAM reicht offiziell bis 667 MHz (DDR3-1333), bei LGA1366-Board war sogar bloß DDR3-1066 vorgesehen. Vier Kanäle voller DDR3-1333-Chips, also mit PC3-10600-Modulen, liefern über 40 GByte an Daten pro Sekunde, was aber auch nötig ist, um 40 PCIe-3.0-Lanes zu versorgen.

Die enorme Datentransferrate kommt aber auch der Rechenleistung der CPU zugute, auch wenn es nur wenige Desktop-Applikationen gibt, bei denen das wichtig ist. Der Gleitkomma-Teil der SPEC CPU2006 hingegen profitiert von hohen Datentransferraten, hier übertrifft der Core i7-3960X seinen Vorgänger Core i7-990X um 32 Prozent – und zwar ohne den Einsatz von AVX. Mit AVX-Code, nämlich mit der hoch opimierten Version des Linpack-Benchmarks aus dem Intel-Compiler 2011 SP1, liefert der Core i7-3960X 141 GFlops, also 89 Prozent seines theoretischen Potenzials von 158 GFlops.

Dank des verbesserten Turbos ist der Core i7-3960X – anders als sein Vorgänger – auch in Benchmarks, die nur wenige Threads nutzen, mindestens ebenso schnell wie etwa ein Core i7-2700K. Somit dürfte es nur wenige Disziplinen geben, in denen der Core i7-3960X langsamer rechnet als irgend ein anderer x86-Prozessor für Desktop-PCs.

Intel DX79SI: Auf ATX-Boards mit 8 DIMM-Slots bleibt wenig Platz für Kühler.

Unter AVX-Linpack-Vollast schluckte das Testsystem mit dem Intel-Board DX79SI 214 Watt Leistung bei netzseitiger Messung an einem 80-Plus-Netzteil und mit einer sparsamen Grafikkarte. Das sind rund 30 Watt mehr als bei einer vergleichbaren Konfiguration mit Core i7-990X, der allerdings kein AVX beherrscht. Bei Code ohne AVX liegt die Volllast-Leistungsaufnahme gleichauf. Im Leerlauf schluckte das Testsystem mit 52 Watt rund 24 Watt weniger, was vermutlich daran liegt, dass Intel auf QPI und eine Chipsatz-Northbridge verzichtet: Der X58 ist mit 24,1 Watt TDP spezifiziert.

Ein Rätsel birgt der Die-Shot des knapp 435 Quadratmillimeter großen Chips: Hier sind acht Kerne zu sehen. Intel wollte sich auch auf Nachfrage nicht dazu äußern, weshalb nur sechs nutzbar sind. Möglicherweise erscheinen ja vom Xeon E5-2600 Versionen mit bis zu acht Kernen. Auf den Dual-Socket-Boards für diese Prozessoren sollen sich mit LR-DIMMs bis zu 768 GByte RAM unterbringen lassen.

Ein umfangreichen Testbericht zum Core i7-3960X steht in c't 25/11, die ab Montag, 21.11., am Kiosk liegt. (ciw)