Speed-Dating für junge Internet-Unternehmer in Berlin

In keiner deutschen Stadt werden so viele Internet-Unternehmen gegründet wie in Berlin. Internationale Investoren haben die Szene fest im Blick. Nie sei es einfacher gewesen, ein Startup aufzuziehen, sagt Skype-Gründer Niklas Zennström.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter Zschunke
  • dpa

Geld und gute Ideen treffen sich auf einer Cocktail-Party: Wenn Skype-Gründer Niklas Zennström in dieser Woche nach Berlin kommt, hat seine Risikokapitalfirma Atomico Vertreter von 40 jungen Internet-Unternehmen eingeladen. Mit sechs von ihnen sind eingehendere Gespräche geplant. "Wir analysieren, welches Unternehmen das Potenzial bietet, zu einem großen Geschäft zu werden", erklärt Zennström im Gespräch mit dpa. "Wir investieren dort, wo dieses Potenzial sichtbar ist."

Niklas Zennström

(Bild: European Union, 2011)

Nie sei es so leicht gewesen, eine eigene Firma zu starten wie jetzt, erklärt Zennström und erinnert sich an seine eigenen Erfahrungen: "Als ich versuchte, Geld für Skype zu bekommen, hat das ein Jahr lang gedauert." Heute aber sei es nicht mehr nötig, viel Geld für eigene Hardware oder aufwendige Datenbanksoftware auszugeben. "Mit den verfügbaren Diensten aus der Cloud geht das viel effizienter und kostengünstiger."

Vor ein paar Jahren habe man noch 2 oder 3 Millionen Euro für ein Startup gebraucht. Inzwischen reichten dafür schon einige hunderttausend Euro. "Heute ein Unternehmen zu starten, erfordert viel weniger Kapital als früher. Das hilft auch uns als Investoren." Neben dem Cloud Computing mit Angeboten etwa für die Bereitstellung von Daten helfen auch die Sozialen Netzwerke. Damit werde es möglich, eine neue Geschäftsidee sehr schnell zu verbreiten und viele Nutzer für das eigene Angebot zu gewinnen, so Zennström. "Außerdem bietet die wachsende Verbreitung von Smartphones und dem mobilen Internet eine riesige Chance, innovative Angebote zu entwickeln."

Was ist das Besondere an der Berliner Startup-Szene? "Berlin ist eine coole Stadt zum Leben", antwortet Zennström, "und alles ist ein bisschen anders." Es gebe dort eine lebendige Gemeinschaft von jungen Internet-Unternehmen. Zusätzliche Impulse gebe die Technische Universität, die Studenten dabei unterstütze, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Dort hält Zennström an diesem Mittwoch einen Vortrag und hofft, "einige Studenten überzeugen zu können, ein Startup zu gründen". Die TU hat den Investor eingeladen zu ihrem Informationstag unter dem Motto "Unternehmen gründen – entdecke Dein Potential".

Technische Universität Berlin (Hauptgebäude)

(Bild: TU Berlin)

Den Studenten die Perspektive einer eigenen Firmengründung zu eröffnen, sei auch deswegen wichtig, um Berlins Wirtschaft zu stärken, Erfindungen aus der Forschung schnell in den Markt zu bringen und Arbeitsplätze zu schaffen, sagt TU-Sprecherin Stefanie Terp. Die TU befragte im vergangenen Jahr 500 Gründer, die vor ihrem Startup als Studenten oder wissenschaftliche Mitarbeiter an der TU Berlin waren. Ihre Firmen beschäftigen 14.000 Mitarbeiter und erzielten einen Umsatz von mehr als 760 Millionen Euro. "Wir verstehen uns nicht nur als Teil des wissenschaftlichen Standorts, sondern auch als Teil des Wirtschaftsstandorts Berlin", sagt Terp. Das an der TU im Jahr 2010 eingerichtete Zentrum für Entrepreneurship berät nach ihren Angaben jährlich rund 500 Studenten und betreut pro Jahr mehr als 40 Startup-Vorhaben.

Wieviel Geld der Investor in Berlin anfassen will, verrät Zennström nicht – insgesamt gibt es zurzeit bei Atomico einen Topf mit 165 Millionen Dollar. Aber "wir hoffen, in Berlin ein paar gute Investitionen zu tätigen. Mit einigen sind wir schon im Gespräch." Atomico unterstützt sowohl Firmen, die ganz am Anfang stehen, als auch bereits etablierte Unternehmen wie den finnischen Computerspielentwickler Rovio, der mit seinen "Angry Birds" weltweite Erfolge feiert. Bei Investitionen in einer sehr frühen Phase hat Zennström einen langen Atem: "Es ist immer sehr schwer, genau vorherzusagen, wann ein Unternehmen Gewinne abwerfen könnte. Wir haben da einen Investitionshorizont von etwa fünf bis zehn Jahren."

Die Berliner Gründerszene lieferte sich zuletzt einen intensiv geführten Streit über Copycats. "Diese Debatte ist ein bisschen snobistisch und akademisch", sagt Zennström. "Beide Modelle können funktionieren. Schließlich hat Facebook das Soziale Netzwerk auch nicht erfunden, aber auf ein ganz neues Niveau gehoben." (jh)