Piratenpartei nimmt offene Plattform vom Netz

Die Partei hat das "Piratenpad" wegen des Verdachts, auf der Online-Kommunikationsplattform seien Links zu kinderpornografischen Webseiten veröffentlicht worden, "bis auf Weiteres" vom Netz genommen.

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Die Piratenpartei hat wieder Ärger mit ihrer offenen Online-Kommunikationsplattform Piratenpad: Unbekannte hätten darüber Links zu "zweifelsfrei kinderpornografischen Seiten" veröffentlicht, hieß es in einem Bericht des Berliner Tagesspiegel. Der Zeitung war anonym per E-Mail die angeblich missbräuchliche Nutzung mitgeteilt worden, sie hat sie dann an die Partei weitergeleitet. Die Piratenpartei schaltete daraufhin den Server "bis auf Weiteres" ab und erstattete nach eigenen Angaben Anzeige bei der Polizei.

Inzwischen haben sich Unbekannte gemeldet, die sich als Mitglieder von Anonymous bezeichnen. Sie wollen das Piratenpad als Plattform genutzt haben, um untereinander Informationen für die Aktion "OP Innocence" zu sammeln und zu ergänzen. Diese richte sich klar gegen Kinderpornografie.

In der angeblichen Anonymous-Mitteilung wird beteuert, die gesammelten Links hätten nichts direkt mit Kinderpornographie zu tun, sondern zu Foren geführt, in denen sich Pädophile austauschen. Es sei ein Fehler gewesen, die Piratenpartei durch das Pad in Zusammenhang mit Kinderpornografie zu bringen. Die Piratenpartei habe die Angaben in der Mitteilung und die Links noch nicht selbst überprüft, sagte ein Sprecher gegenüber heise online. Er verwies auf die bei der Polizei erstattete Anzeige.

Das Piratenpad ist eine Web-Anwendung, in der Nutzer gemeinsam an Dokumenten arbeiten können. Auch beliebige Nicht-Mitglieder hatten Zugriff auf das System. Die Piratenpartei nutzte diesen Dienst beispielsweise, um politische Texte auszuarbeiten. Auch andere Organisationen wie der Deutsche Evangelische Kirchentag nutzten nach Angaben der Partei die Plattform, um tägliche Arbeiten zu erledigen.

Nach dem Vorfall müsse die Partei klären, inwiefern das Piratenpad ein Risiko darstellt, sagte der Parteivorsitzende Sebastian Nerz der dpa. "Ganz auf die Möglichkeit, sich anonym zu beteiligen, wollen wir nicht verzichten, das würde unserem Politikbild widersprechen. Wir müssen prüfen, ob sich das über das Piratenpad realisieren lässt." Eine Alternative wäre, die öffentliche und parteiinterne Instanz zu trennen.

Schon einmal hatte es Kontroversen um die Anwendung gegeben, und auch im Zusammenhang mit Anonymous: Vor der Bremen-Wahl im Mai 2011 beschlagnahmten Behörden mehrere Server der Partei, weil Anonymous einen Angriff über das Piratenpad koordiniert haben soll. Allerdings legten die Ermittler damit nahezu die gesamte digitale Infrastruktur der Partei lahm, die stark auf die Kommunikation im Internet setzt. Die Partei kritisierte diesen Schritt als unverhältnismäßig. (mit Material von dpa) / (anw)