Zoll, BKA und Verfassungsschutz verschickten 2010 über 440.000 "stille SMS"

Im vergangenen Jahr nutzten Bundesbehörden ausgiebig den Versand von Ortungsimpulsen, um den Aufenthaltsort von Verdächtigen zu ermitteln.

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Auch Bundesbehörden nutzen den Versand von Ortungsimpulsen über Mobilfunknetze, um den Aufenthaltsort von Verdächtigen zu ermitteln. 2010 verschickten das Zollkriminalamt und weitere Fahndungsämter der Grenzkontrolleure, das Bundeskriminalamt (BKA) und das Bundesamt für Verfassungsschutz insgesamt 440.783 sogenannte "stille SMS". Dies geht aus einer jetzt veröffentlichten Antwort (PDF-Datei) des Bundesinnenministeriums an den Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (Linkspartei) hervor. Eine besondere Zunahme ist demnach in diesem Jahr beim Zoll zu erwarten: Dessen Fahndungsbehörden haben in der ersten Hälfte 2011 mit 227.587 Ortungsnachrichten bereits fast so viele stille SMS versandt wie im gesamten Vorjahr.

Ein Auf und Ab kennzeichnet die Statistiken beim BKA und bei den Staatsschützern. Die Polizeibehörde nutzte das Fahndungsmittel 2007 rund 90.000 mal und 2010 etwas über 96.000 mal. In den Jahren dazwischen fiel die Häufigkeit der Inanspruchnahme der Maßnahme um fast die Hälfte. Bis Anfang November diesen Jahres verschickten die Wiesbadener Ermittler 53.337 stille SMS. Beim Verfassungsschutz erreichte der Einsatz der Ortungsimpulse 2008 seinen bisherigen Höchststand mit 124.541 auf dem anvisierten Mobiltelefon nicht lesbaren Kurznachrichten. Bis Ende Oktober 2011 setzten die Staatschützer das Instrument 37.862 Mal ein. Für die Bundespolizei und den Militärischen Abschirmdienst liegen keine Zahlen vor. Sie haben laut Innenressort keine Statistiken beziehungsweise diese schon wieder gelöscht.

"Stille SMS" erzwingen vom angesprochenen Handy einen unmerklichen Kommunikationsvorgang mit der nächstgelegenen Funkzelle. Danach können Telekommunikationsanbieter zur Herausgabe der Standortdaten veranlasst werden. Der Einsatz des Fahndungsmittels erfolgte anfangs in einer rechtlichen Grauzone, bis er mit der Novelle der Telekommunikationsüberwachung 2007 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wurde. Eine frühere Anfrage der Linken förderte jüngst bereits zu Tage, dass die nordrhein-westfälische Polizei im vergangenen Jahr 255.784 Ortungsimpulse an 2644 Mobilfunkteilnehmer schickte. Hunko beklagt nun eine "ausufernde Nutzung" des mittels durch Strafverfolger und Geheimdienste. Bedenklich sei vor allem der Anstieg der Maßnahmen bei Kriminalbehörden, die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) unterstünden. (vbr)