Netzneutralität: EU-Ministerrat sieht noch keinen Handlungsbedarf

Die Minister bekräftigen die politische Zielsetzung, den offenen und neutralen Charakter des Internets zu erhalten. Auf Kernfragen geht der Rat dabei allerdings nicht ein.

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Von
  • Richard Sietmann

In einer am Dienstag verabschiedeten Entschließung unterstützt der Rat der Europäischen Union die abwartende Haltung der EU-Kommission in Sachen Netzneutralität. Diese will erst im kommenden Jahr auf der Grundlage von Berichten des Gremiums Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (BEREC) darüber zu befinden, ob sie Leitlinien zur Netzneutralität oder gegebenenfalls weitere Maßnahmen für erforderlich hält. Die Entschließung ist die Reaktion auf den im Frühjahr veröffentlichten Bericht (PDF-Datei) der Kommission über das Ergebnis der 2010 durchgeführten Konsultationen.

In der Erklärung, die der EU-Ministerrat für Verkehr, Telekommunikation und Energie zum Abschluss seiner zweitägigen Arbeitssitzung in Brüssel herausgab, betonen die Minister die Notwendigkeit, den offenen und neutralen Charakter des Internet zu erhalten und die Netzneutralität als eine politische Zielsetzung anzusehen. "Die Beibehaltung eines robusten Best-Effort-Internet für alle" müsse gesichert und dabei die "Grundrechte wie der Medienpluralismus, die sprachliche Vielfalt, die Meinungs- und Informationsfreiheit sowie die Gewerbefreiheit" respektiert werden.

Zudem wird in dem fünfseitigen Text (PDF-Datei) festgestellt, dass die Offenheit des Internet Innovationen fördere, "indem sie gleiche Bedingungen für alle Beteiligten schafft". Doch auf die Kernfrage, inwieweit die Einführung zweiseitiger Märkte im Widerspruch zu den gleichen Bedingungen für alle Beteiligten steht und die Netzneutralität letztlich aufhebt, geht die Ländervertretung unter den EU-Organen nicht weiter ein.

Für solche zweiseitigen Märkte, auf denen Zugangsnetzbetreiber doppelt kassieren und neben den Anschlussentgelten von den Endkunden auch Einspeiseentgelte von den Dienste- und Inhalteanbietern für den Zugang zu den Endkunden verlangen wollen, hatte sich jüngst erst wieder der Chef der Vodafone D2 GmbH, Friedrich Joussen, in einem Interview mit dem Handelsblatt stark gemacht.

Die Ratsentschließung bleibt diesbezüglich vage. Mit Verweis auf "die Notwendigkeit, Investitionen sowohl des öffentlichen als auch des privaten Sektors in neue Netzinfrastrukturen anzureizen" und es "innovativen Geschäftsmodellen zu ermöglichen, die Anforderungen des Marktes zu erfüllen", stellt sich der Ministerrat den Forderungen der großen Netzbetreiber nach Möglichkeiten zur geschäftspolitisch motivierten Einschränkung der User-Konnektivität aber auch nicht entgegen.

Konkreter ist jedoch Aufforderung an die Brüsseler Kommission, sich gemeinsam mit dem BEREC der "bis zu"-Problematik anzunehmen und über die Diskrepanz zwischen den vermarkteten und den tatsächlich angebotenen Bitraten auf den Internetanschlüssen der Endkunden in den Mitgliedsstaaten sowie über Musterlösungen ("Best Practices") für ein verkehrsneutrales Netzmanagement dem Rat und dem EU-Parlament im kommenden Jahr zu berichten.

(vbr)