Netzgrößen machen gegen geplantes US-Zensurgesetz mobil

Der Provider 1&1 hat in einem Schreiben an US-Kunden davor gewarnt, dass die im Kongress behandelten "Anti-Piraterie-Gesetze" umfassende Eingriffe ins Internet erlaubten. Die "NetCoalition" plant einen Blackout großer Webportale.

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Die Proteste gegen den derzeit im US-Repräsentantenhaus behandelten "Stop Online Piracy Act" (SOPA) und dessen Pendant im Senat ("Protect IP Act", PIPA) nehmen weiter zu. Der in Deutschland beheimatete Zugangs- und Hostinganbieter 1&1 hat sich dazu in einem ungewöhnlichen Schritt nicht direkt an die entscheidenden Politiker in den USA gewandt, sondern an seine dortigen Kunden. In einem jetzt veröffentlichten Schreiben an die eigene Klientel warnt der Provider, dass die im Kongress beratenen "Anti-Piraterie-Gesetze" umfassende Eingriffe die technische und ökonomische Basis des Internet erlaubten. Dies könne rechtmäßige Geschäftsmodelle gefährden.

Grundsätzlich dürften Technologiefirmen nicht gezwungen werden, in derlei Angelegenheiten als verlängerter Arm der Obrigkeit zu dienen, betont der Geschäftsführer von 1&1 USA, Frederick Iwans. Wenn sie ohne Untersuchung der Rechtslage und Richteranweisung auf jeden Hinweis auf potenzielle Copyright-Verletzungen ihrer Nutzer hin handeln müssten, würden die Grundrechte der Kunden auf Informations- und Meinungsfreiheit gravierend verletzt. Man baue daher darauf, dass der US-Gesetzgeber diese Aspekte in Betracht ziehe, und hoffe zugleich, dass das Domain Name System (DNS) durch politische Maßnahen nicht gefährdet werde. An die Kunden ergeht zudem der Appell, die Bedenken über Plattformen wie Fight for the Future an die Abgeordneten weiterzutragen.

Mitglieder der Branchenvereinigung NetCoalition, der unter anderem Webgrößen wie AOL, Amazon, eBay, Google, Twitter und Yahoo angehören, überlegen derweil, einen zeitweiligen Blackout ihrer Online-Portale mit Informationen zu SOPA und PIPA und deren befürchteten Auswirkungen zu verknüpfen. "Es laufen ernsthafte Diskussionen darüber", sagte Markham Ericson, Chef der Lobbygruppe, der US-Nachrichtenseite CNet News. Bisher habe eine derart aufmerksamkeitsstarke Aktion, die in dem Artikel mit dem Ausüben einer "nuklearen Option" verglichen wird, noch nicht stattgefunden. Aber auch Wikipedia-Mitgründer Jimmy Wales hatte ein solches Vorgehen jüngst bereits vorgeschlagen, um den Druck auf den Gesetzgeber zu erhöhen.

Mit Ron Paul hat sich unterdessen einer der Anwärter für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner von SOPA distanziert. In einem Wahlkampfauftritt warnte der Politiker davor, dass Hollywood damit die Kontrolle übers Internet zu übernehmen drohe. Es sei zu befürchten, dass damit eine Komplett-Überwachung des Internets verknüpft sei. Die Informationsverbreitung über das Netz sei in Gefahr. (vbr)