Google sucht offene Lobbying-Strategie

Der Suchmaschinen-Primus erläutert in einem "Public Policy Blog" seine Ansichten zu Grundfragen der Netzpolitik wie Datenschutz, Netzneutralität, Urheber- und Patentrecht und lädt interessierte Surfer zu Kommentaren ein.

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Google will neue Wege beim Lobbying gehen und die eigenen politischen Ansichten transparenter machen. Dazu hat der Suchmaschinenprimus am heutigen Montag ein "Public Policy Blog" für die Öffentlichkeit freigeschaltet. In dem Webjournal, in dem Google-Mitarbeiter firmenintern schon einige Wochen aktiv waren, will Google seine Ansichten zu Grundfragen der Netzpolitik wie Daten- und Jugendschutz, Breitband, Urheber- und Patentrecht sowie zur Regulierung von Inhalten erläutern. Man bemühe sich um die Beeinflussung der Politik auf die Google-Art, erläutert der bei dem Suchmaschinen-Betreiber für Lobbying und die Pflege der Regierungsbeziehungen zuständige Manager Andrew McLaughlin in einem grundlegenden Beitrag zum öffentlichen Start des Weblog. Man bemühe sich daher einerseits als "multinationaler Konzern" um die traditionelle Interessensvertretung durch eine direkte Ansprache von Gesetzgebern und Meinungsführern. Gleichzeitig wolle man die Nutzer aber über die politische Haltung des Hauses aufklären und sie bitten, mit Kommentaren und Ideen die Ausrichtung und die Strategien Googles in diesem Bereich mitzuformen.

"Wir hoffen, dass dieses Blog als eine Quelle für Politikmacher weltweit dient", schreibt der von der Netzverwaltung ICANN kommende McLaughlin. Es gehe um die Ausarbeitung "vernünftiger Regierungsvorgaben", um die freie Meinungsäußerung zu stärken, wirtschaftliches Wachstum voranzutreiben, den Zugang zu Informationen auszuweiten, Innovationen zu ermöglichen und Verbraucher zu schützen. Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem Bemühen Googles, sich als Gemeinschaft der Guten ("Don't be evil") öffentlich darzustellen. Man darf daher gespannt sein, wie sich die Politikexperten des kalifornischen Unternehmens zu umstrittenen Themen wie dem Zusammenspiel mit der chinesischen Regierung unter Akzeptanz der Pekinger Zensurbestrebungen äußern.

Obwohl Google-Mitarbeiter das Blog hinter den Kulissen bereits seit April gefüllt haben, gibt es dazu bislang noch keinen Eintrag. In einem ersten Kommentar wünscht sich ein Leser des Journals daher bereits einen Beitrag über die Zensur von Inhalten bei Google, um nationalen Gesetzesvorgaben etwa in Deutschland, Frankreich oder China zu entsprechen. Hierzulande hat sich der Suchmaschinen-Vorreiter einer Allianz mit anderen Betreibern angeschlossen, die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indizierte Inhalte aus den Trefferlisten filtert.

Deutlich macht dagegen etwa der Washingtoner Telco- und Medienberater Richard Whitt in einem aktuellen Blogeintrag bereits die Linie Googles im Streit um die so genannte Netzneutralität zur Aufrechterhaltung des Prinzips eines offenen Internet. Im Rahmen einer Konsultation der Federal Communications Commission (FCC) hat das Unternehmen demnach gerade seine Kommentare an die US-amerikanische Regulierungsbehörde geschickt und seine Haltung zur Netzneutralität klargestellt. So hat Google nichts dagegen, wenn Breitband-Anbieter alle Anwendungen einer gewissen allgemeinen Sorte wie etwa Video-Streaming oder IPTV mit einer besonderen Priorität zu behandeln. Nichts spreche auch dagegen, gewisse IP-Pakete etwa bei einer Denial-of-Service-Attacke (DOS) zu blockieren oder Cache-Methoden zu nutzen. Natürlich dürfe ein Provider für eine höhere Bandbreite auch mehr Geld verlangen.

Wogegen Google aber weiter ankämpfen will, ist etwa das Aufschlagen von Mehrpreisen für Content-Anbieter. Privilegien, Prioritätssetzungen oder Herabstufungen einzelner übermittelter Datenpakete abhängig etwa von Quelle, Ziel, Eigentümerschaft, Dienst oder Bandbreitenverbrauch durch die Provider dürfe es ferner genauso wenig geben wie den Aufbau einer Hochgeschwindigkeitsspur auf der Datenautobahn, durch die spezielle Inhalte oder Anwendungen auf einen separaten Trampelpfad verbannt würden. Es sollte daher eine "nationale Breitband-Strategie" verabschiedet werden, welche entsprechende Richtlinien umfasse und sie konsequent durchsetzbar mache. Allgemein will Google die Mitgestaltung politischer Rahmenbedingungen vor allem in den USA und Europa stärker beeinflussen und baut dazu seine Lobby-Truppen aus. (Stefan Krempl) / (jk)