Die Zeitung - ein "Medium aus toten Bäumen" im Internetzeitalter

Im Rahmen des Medienforums NRW in Köln diskutierten Verleger, Manager und Journalisten am heutigen Dienstag über den "Aufbruch in neue Zeitungswelten".

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christoph Driessen
  • dpa

Das Medium der Zukunft benötigt keinen Netzstecker und keine UMTS-Karte, es ist leichter als der modernste Laptop und lässt sich in jeder Aktentasche transportieren. So beschrieb der Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe, Bodo Hombach, beim Medienforum NRW in Köln jenes "Medium aus toten Bäumen", das viele schon als Auslaufmodell abgeschrieben haben: die Zeitung. Beim sonst eher vom Fernsehen dominierten Medienforum wollten die Zeitungsmacher diesmal Flagge zeigen und deutlich machen, wie sich alte Traditionsverlage gerade jetzt in hochmoderne Multimedia-Häuser verwandeln.

Dafür hatten sie unter anderem einen Branchenprimus aus Oslo eingeladen: Robert Steen, Vorstandsvorsitzender des Medienkonglomerats Schibsted. Bei Schibsted unterscheidet man zwei Epochen: Die Phase vom Gründungsjahr 1839 bis etwa 1995 gilt als die "gute alte Zeit". Damals beschränkte man sich auf das Verlegen zweier namhafter skandinavischer Zeitungen. Wenn es nach Steen gegangen wäre, hätte es ewig so weitergehen können. Doch irgendwann setzte sich bei ihm die Erkenntnis durch, dass dies unmöglich sein würde: Der Anzeigenmarkt für die Druckmedien brach massiv ein, die Auflage sank zwar nicht dramatisch, aber stetig.

Schibsted reagierte nach der Devise: "Keine Angst vor Selbstkannibalisierung." Das heißt: Was an Anzeigen und Auflage bei den Traditionsblättern wegfiel, musste von eigenen Online-Angeboten aufgefangen werden. Zunächst war eine lange Durststrecke vor allem nach dem Platzen der Internetblase an den Börsen zu überwinden. Doch heute ist Schibsted nicht mehr wiederzuerkennen: Binnen eines Jahrzehnts kamen Dutzende von Titeln vor allem im Internet dazu, die Zahl der Beschäftigten stieg von 2100 auf 8000, und der Umsatz wird nun nicht mehr in Millionen, sondern in Milliarden gemessen.

Andere Zeitungsverleger haben ebenfalls stark in ihre Internetpräsenz investiert, können aber bis heute keineswegs so schöne Gewinnkurven an die Wand werfen wie Steen. Internetnutzer sind eben nicht in gleicher Weise wie Zeitungsleser bereit, für Informationen zu bezahlen. Doch auch in Deutschland gibt es Erfolgsgeschichten. Der Vorsitzende des Zeitungsverlegerverbandes NRW, Clemens Bauer, nannte am Dienstag zum Beispiel das Online-Rubrikenportal kalaydo.de, das innerhalb von 14 Monaten zum regionalen Marktführer auf dem Stellenmarkt und bundesweit zur Nummer fünf unter den E-Commerce-Portalen geworden sei. Es wird von Verlagen aus dem Rheinland getragen.

Das größte Kapital der Zeitungsverlage bleibe jedoch Qualitätsjournalismus, betonte Bauer. WAZ-Geschäftsführer Hombach geht so weit zu sagen, Qualitätssteigerung sei der einzige Weg der Verlagshäuser in die Zukunft. Das wäre dann ganz im Sinne so großer Zeitungsjournalisten wie Herbert Riehl-Heyse, der den Verlegern kurz vor seinem Tod noch ins Stammbuch schrieb: "Es könnte sein, dass die schlauesten Geschäftsleute unter den Verlegern nicht gleichzeitig die klügsten sind. Die klügsten werden versuchen, ihre Produkte qualitativ immer besser zu machen." (Christoph Driessen, dpa) / (pmz)