Startup-Firma Ageia entwickelt "Physik-Prozessor" für Spiele

Die Chipschmiede Ageia hat nach eigener Ansicht mit einem Beschleuniger-Chip für physikalische Effekte in Computerspielen und -simulationen eine ganz neue Hardware-Kategorie entwickelt.

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Von
  • Erich Bonnert

Die vor knapp drei Jahren gegründete Chipschmiede Ageia hat nach eigener Ansicht eine ganz neue Hardware-Kategorie geschaffen: einen Beschleuniger-Chip für physische Effekte in Computerspielen und -simulationen. Auf der Game Developers Conference (GDK) in San Francisco verriet das Startup erste Einzelheiten ihrer Neuentwicklung.

Der Prozessor arbeitet ganz ähnlich wie CPUs und Grafikprozessoren, ist jedoch speziell für die Berechnung des mechanischen und dynamischen Verhaltens der physischen Objekte innerhalb einer Videodarstellung konzipiert. Der auf den Namen "PhysX" getaufte Prozessor kalkuliert die Materialeigenschaften sowie die Interaktionen von festen und flüssigen Körpern im Verlauf des Spiels. Dazu gehören die Bewegungen und Verformungen (etwa Brechen, Bersten, Biegen, Zerschneiden) von festen Objekten ebenso wie die Dynamik von flüssigen (Wasser, Blut) und zähflüssigen Stoffen, zum Beispiel Lava. Dazu kommen noch Haar- und Kleidungssimulationen.

Bisher werden diese Berechnungen in der Regel durch Software-Simulationen im Zusammenspiel von CPU und Grafikchip erledigt. Damit können pro Spielszene zwischen 10 und 200 feste Objekte verfolgt werden, erklärte Ageia-Gründer Manju Hedge. Meist würden solche Design-Elemente aber von Spielprogrammierern gemieden, da sie den Ablauf verlangsamen und die Frameraten senken. Der Physx-Chip soll die Interaktion von cirka 32.000 Festkörpern simultan unterstützen können. Damit werden Hauptprozessor und Grafikbeschleuniger nicht nur von aufwendigen Kalkulationen entlastet. Es könnten auch ganz neuartige, detailliertere Szenen berechnet werden, skizzierte Hedge die Pläne seiner jungen Firma aus dem kalifornischen Mountain View.

Die Leistung von Grafikprozessoren wird im allgemeinen nach der Anzahl der pro Sekunde dargestellten Pixel oder Polygone bewertet. Für Physikprozessoren indes sei die Zahl der simultan verfolgen Interaktionen zwischen Festkörpern oder zwischen den Partikeln eines flüssigen Objekts entscheidend.

Ageia hat bereits einen ersten Prototypen des Chips fertig, der zur Herstellung von Mustern vor wenigen Tagen an den Produktionspartner TSMC nach Taiwan gegangen ist. Dort werden in einem 130-Nanometer-Prozess die ersten Exemplare gefertigt. Der Prozessor besteht aus rund 125 Millionen Transistoren und soll eine Leistungsaufnahme von knapp 25 Watt aufweisen. Dem Prozessor soll 128 MByte GDDR3 Speicher zur Seite gestellt werden. Zur Größe des Chips machte Ageia keine genauen Angaben, er soll jedoch in Notebooks einsetzbar sein. Ageia will den Physx als Koprozessor oder Einsteckkarte für PCI-Express oder PCI vermarkten. Hedge glaubt auch, dass ein diskreter Physik-Chip einer Multicore-CPU wie etwa dem Cell-Chip von IBM-Sony überlegen sei.

Ein Software-Entwicklerkit mit Namen Novodex hält die Firma seit etwa einem Jahr bereit. Damit sollen Spiele speziell auf die Unterstützung des Physx getrimmt werden. Bisher haben Spielefirmen wie Sega und Ubisoft ihre Unterstützung zugesagt. Auf der noch bis Ende der Woche dauernden Game Developers Conference sollen weitere Partner gewonnen werden. Mit Ed Fries sitzt übrigens auch ein ehemaliger Microsoft-Vertreter im Aufsichtsrat des Startup. (Erich Bonnert) / (thl)