Hillary 2.0: Das Internet wird immer wichtiger im US-Wahlkampf

"Heute ist es mitentscheidend, wer online seine Anhänger am besten mobilisiert", meint John Palfrey von der Harvard-Universität zu den Anfängen des Wahlkampfs für die nächste US-Präsidentschaft.

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Von
  • Christian Putsch
  • dpa

Eine erste Schlacht um den Einzug ins Weiße Haus hat US-Senatorin Hillary Clinton bereits gewonnen. Nachdem die Demokratin aus New York ihre Präsidentschaftskandidatur zunächst in einem Video auf ihrer Homepage verkündete ("I'm in ... Let's chat"), trugen sich innerhalb einer Woche über 150.000 Besucher auf ihrer Internet-Seite als "Unterstützer" ein.

Damit schlug sie den bislang aussichtsreichsten Konkurrenten um die Kandidatur der Demokraten, Barack Obama, um Längen. Der Senator aus Illinois begeisterte in der gleichen Zeit nur rund 100.000 Mitstreiter im Internet. Diese Differenz gilt vielen als erstes Indiz für die Erfolgsaussichten der Kandidaten: "Heute ist es mitentscheidend, wer online seine Anhänger am besten mobilisiert", meint Prof. John Palfrey (Harvard-Universität), der sich vor allem mit dem Einsatz neuer Technologien "für die Stärkung von Demokratien" beschäftigt. Dazu bieten die USA gute Bedingungen: Jeder zweite Amerikaner verfügt über Breitband-Internet, mit dem auch Videos abrufbar sind.

Besonders die Demokraten setzen auf die virtuelle Netzwelt – nicht zuletzt im Bemühen um ein modernes, jugendliches Image. Neben Clinton und Obama gaben auch der ehemalige Senator von North Carolina, John Edwards, sowie der Gouverneur von New Mexiko, Bill Richardson, ihre Kandidatur online bekannt. Seitdem streuen die Wahlkampfmanager Erfolgsmeldungen von der virtuellen Front. Hillary Clinton ließ sich im Chatroom mit Fragen bombardieren – rund 25.000 Amerikaner suchten auf diesem Weg mehr über die frühere "First Lady" zu erfahren. John Edwards ließ seine Rede vor rund 1000 Bürgern in der Stadthalle von Des Moines (North Carolina) live ins Internet übertragen, wo dann nach Angaben des Edwards-Lagers über 50.000 Menschen zuschauten.

Das Internet hat rasant an Bedeutung für den Wahlkampf gewonnen – allerdings voerst anscheinend ohne gravierende direkte Konsequenzen für die Kandidaten. "Im Großen und Ganzen bleiben die Anforderungen gleich. Die Kandidaten müssen vor allem vor Ort Wahlkampf betreiben und ihren Fokus auf das Fernsehen legen", sagte der Direktor des Pew Research Center, Lee Rainie. Denn noch immer nennen dem Wissenschaftler zufolge nur 15 Prozent der Wähler das Internet als Informationsquelle, aber 69 Prozent informieren sich übers Fernsehen.

Eine ganz besondere Bedeutung hat aus Sicht der Wahlkampfexperten der Einfluss des Internet und vor allem der Blogger auf die Medienmacher. Auf den Gehaltslisten der Parteien stehen inzwischen ausgewählte Blogger als Experten für die Web-Welt. Senatorin Clinton informierte sich laut Palfrey persönlich bei besonders einflussreichen politischen Bloggern über ihre Sichtweisen – wohlwissend, dass deren Online-Kommentare bis zu 500.000 Menschen täglich lesen. "Vor zehn Jahren wirkten vielleicht 100 Journalisten auf die wichtigsten Fernseh- Sendungen ein. Heute haben auch mindestens 1000 Blogger Einfluss", betont Steven Clift, der für die Vereinten Nationen die Möglichkeiten des Internets für Demokratien erforschte.

Keineswegs nur in den USA und anderen westlichen Staaten wächst die Bedeutung des Internets für die Politik. "Besonders bemerkenswert ist die politische Nutzung des Internet in den jungen Demokratien Asiens wie in Süd-Korea", erläutert Palfrey. Auch bei der "Orangenen Revolution" in der Ukraine 2004 hätten das Internet und insbesondere oppositionelle Blogger eine Schlüsselrolle gespielt.

In den USA ist das Web aber auch für die Wahlkampf-Finanzierung immer wichtiger geworden. Schon bei den Präsidentschaftswahlen 2000 sammelte der republikanische Senator John McCain online 7,5 Millionen Dollar. 2004 kam der demokratische Präsidentschaftskandidat Senator John Kerry schon auf 79 Millionen Dollar. Palfrey rechnet damit, dass Obama und Clinton deutlich mehr Geld im Internet auftreiben können. Kleckerbeträge sind allerdings unerwünscht: 25 Dollar ist der niedrigste Betrag, der bei den beiden Demokraten mit wenigen Klicks per Kreditkarte überwiesen werden kann. (Christian Putsch, dpa) / (jk)