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Leergefegter Arbeitsmarkt: Die IT-Branche bietet gute Jobchancen

Ein Rückgang des Fachkräftemangels, den unter anderem der Bitkom in der IT-Branche beklagt, sei vorerst nicht zu erwarten; es entstehe ein jährlicher Bedarf von 20.000 zusätzlichen IT-Experten.

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Von
  • Sascha Reimann
  • dpa

Wenn im März die CeBIT ihre Pforten öffnet, beginnt nicht nur die weltgrößte Leistungsschau für Informations- und Telekommunikationstechniken. Die Messe versteht sich auch als die größte Stellenbörse für den wachsenden IT-Arbeitsmarkt. An den Ausstellungsständen oder über einen zentralen "Job & Career Market" können hier Hochschulabsolventen und erfahrene Spezialisten Kontakte mit potenziellen Arbeitgebern knüpfen. Die Zahl der Unternehmen, die sich an der Jobbörse beteiligen, liegt erneut über dem Vorjahresstand, sagt CeBIT-Pressesprecherin Katharina Siebert. Doch nicht nur hier wächst das Interesse an qualifiziertem Personal. Der IT-Arbeitsmarkt nimmt insgesamt zunehmend Fahrt auf.

"Erfreulich" nennt Bernhard Hohn von der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) in Bonn die Entwicklung des IT-Stellenmarktes. Zwar erreichten die Zahlen noch nicht den Stand des Jahres 2000, pendelten sich aber auf einem hohen und zugleich "gesunden" Niveau ein. Besonders gefragt waren nach Angaben der ZAV Spezialisten für Vertrieb und Beratung von IT-Dienstleistungen. Fachleute für die Programmierung oder Anpassung von Anwendungssoftware waren ebenfalls sehr begehrt.

Maurice Shahd vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) in Berlin sieht im Informatikbereich sogar einen "Fachkräftemangel". Die Branche habe vergangenes Jahr 10.000 Stellen zusätzlich besetzt. Die Zahl der arbeitslosen Datenverarbeitungsfachleute sei im Zeitraum von Januar 2005 bis November 2006 um 40 Prozent auf 38.000 gesunken. Bezogen auf die quer durch alle Branchen beschäftigten rund 1,5 Millionen IT-Fachleute könne man in diesem Arbeitsmarktsegment beinahe von Vollbeschäftigung sprechen. "Besser können die Jobaussichten gar nicht sein", resümiert Shahd.

Die stärkste Nachfrage ging nach Angaben des Bitkom von Software-Häusern und IT-Dienstleistern aus. Hardware-Hersteller hingegen offerierten deutlich weniger Jobangebote. Michael Schanz vom Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) sieht jedoch auch bei den Elektroingenieuren und Informationstechnikern einen "leergefegten Arbeitsmarkt". Die Zahl der erwerbslosen Elektroingenieure lag nach Informationen der ZAV im September 2006 mehr als 30 Prozent unter dem Stand des Vorjahresmonats.

IT-Unternehmen bekommen die Knappheit von verfügbaren Spezialisten bereits zu spüren. Es fehle sowohl an Informatikern als auch an Ingenieuren, sagt Tim Ackermann, Recruitingmanager von Microsoft Deutschland in München. Außerdem studierten viel zu wenig Frauen diese Fächer. Dass der deutsche Arbeitsmarkt nicht ausreiche, um alle vakanten Stellen zu besetzen, bestätigt auch Alla Ruggaber-Mast, Kommunikationsmanagerin von SAP in Walldorf. Das liege aber nicht an der – durchaus guten – Qualität der Ausbildung. Vor allem die Verbindung von technischen und wirtschaftlichen Kompetenzen ist laut Ackermann sehr gefragt. Als Unternehmensberater in IT-Fragen seien Wirtschaftsinformatiker begehrt, sagt Jörn Roggenbuck, Pressesprecher von Siemens IT Solutions and Services. Außer IT-Beratern suche die Branche Fachleute, die Software an die spezifischen Bedürfnisse der Anwender anpassen, sowie Projekt-Manager, die ganze Datenverarbeitungssysteme in Unternehmen organisieren, ergänzt Shahd. "Viele Jobs entstehen an der Schnittstelle von Informatik und den Anwendungsbranchen."

Ein Rückgang des Fachkräftemangels ist nach Angaben von Shahd vorerst nicht zu erwarten. Laut Bitkom entsteht ein jährlicher Bedarf von 20 000 zusätzlichen IT-Experten. Die Zahl der Studienanfänger in den einschlägigen Fächern habe sich zwar bei rund 30 000 eingependelt. Die Abbrecherquote sei aber sehr hoch. Es sei daher zu befürchten, dass die Schere von Bedarf und Angebot weiter auseinander geht. Ein Informatikstudium sei in jedem Fall zu empfehlen, sagt Shahd – vor allem in der Verbindung mit wirtschaftlichen Inhalten. Ackermann rechnet jedoch auch in fünf Jahren noch mit einem Mangel an Datenverarbeitungsfachleuten. "Der Trend hält an und wird sich eher noch verstärken", glaubt auch Roggenbuck. Die ZAV hingegen rät dringend, die Wahl des Studiums nicht von unsicheren Prognosen abhängig zu machen. Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen sagten wenig über zukünftige Berufschancen aus. Vielmehr solle man seine Entscheidung nach Neigung und Talent treffen, sagt Hohn. "Es reicht oft, die richtige Nische gefunden zu haben." (Sascha Reimann, dpa) / (jk)