Fluggastdaten-Transfer in die USA droht das Aus

Die für den transatlantischen Vertrag zuständige Berichterstatterin im EU-Parlament, Sophie in 't Veld, empfiehlt den Abgeordneten, den von der EU-Kommission und Washington ausgehandelten Entwurf abzulehnen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 94 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Im EU-Parlament stehen die Signale für das heftig umstrittene transatlantischen Abkommens zum Transfer von Flugpassagierdaten auf Rot. Die für den transatlantischen Vertrag zuständige Berichterstatterin Sophie in 't Veld empfiehlt den Abgeordneten, den von der EU-Kommission und Washington ausgehandelten Entwurf abzulehnen. Dies geht aus einer heise online vorliegenden Vorlage für eine Entschließung hervor. Diese muss zwar noch vom federführenden Innenausschuss und dem Plenum befürwortet werden. In der Regel folgt eine Mehrheit der Volksvertreter aber dem Votum der Berichterstatter. Das EU-Parlament hatte zuvor unter anderem bereits das "SWIFT-Abkommen" zum Austausch von Bankdaten abgelehnt und Nachverhandlungen sowie Korrekturen durchgesetzt.

In't Veld erkennt zwar die "großen Bemühungen" der Kommission an, eine bessere Vereinbarung im Vergleich zur Vorgängerversion zu erzielen. Trotzdem sieht sie viele der Kriterien, die die Abgeordneten für ein entsprechendes Abkommen aufgestellt hätten, "nicht zufriedenstellend eingehalten". So unterscheide sich der zur Debatte stehende Entwurf etwa fundamental von dem Vertrag zur Weitergabe von Fluggastdaten mit Australien, dem das EU-Parlament im Herbst zustimmte, schreibt die Liberale. Sogar gegenüber dem ersten transatlantischen Übereinkommen von 2004 enthalte das aktuelle Papier noch "zahlreiche Verschlechterungen". Da sich die Abgeordneten bereits für die Auflösung der früheren Variante stark gemacht hätten, komme ein Durchwinken des neuen Anlaufs nicht in Frage.

Nach wie vor habe die Kommission die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der massenhaften Sammlung und Speicherung von Passenger Name Records (PNR) nicht hinreichend nachgewiesen, führt in't Veld weiter aus. Die Volksvertreter hätten allein "anekdotische Hinweise" auf die Nützlichkeit von Fluggastdaten in einzelnen Fällen für die Verbrechensbekämpfung und Terrorabwehr erhalten.
Der Abkommenstext schränke den Einsatz von Fluggastdaten zudem nicht auf die Abwehr oder die Verfolgung terroristischer oder anderer schwerer Straftaten ein.

Dazu sei das US-Heimatschutzministerium (DHS) in der Verwendung der Daten kaum eingeschränkt. Es könne etwa auch automatische Abgleiche, Rasterfahndungen und Profilbildungen durchführen, was das EU-Parlament mehrfach abgelehnt habe. Die Speicherdauer sei zudem mit jedem Abkommen mit den USA verlängert und mittlerweile faktisch auf "unendlich" hochgeschraubt worden. Dagegen helfe auch der ausgehandelte Ansatz der "Maskierung" und "Anonymisierung" der Daten nicht, da diese Begriffe schwammig blieben.

Besorgt zeigt sich in't Veld auch, dass selbst besonders sensible, etwa ethnische, sexuelle oder religiöse Informationen entgegen der offiziellen Ansage nicht von der Verwertung ausgenommen seien. Trotz mehrfacher klarer Vorgaben der Abgeordneten komme beim PNR-Transfer zudem noch immer nicht ausschließlich das "Push"-Verfahren zum Einsatz, das US-Behörden das "Fischen" in den Datenbeständen der Fluggesellschaften erschweren würde. Kein Fortschritt sei beim Einschränken der Übermittlung der Passagierinformationen an Drittländer auszumachen.

Die Datenliste sei unverändert lang und enthalte noch immer etwa auch E-Mail-Adressen, Telefon-, Konten- und Kreditkartennummern sowie Essenswünsche, setzt die Berichterstatterin ihre Kritik fort. Bei Möglichkeiten für EU-Bürger, den Rechtsweg gegen eine potenziell unangemessene Datenverwendung zu beschreiten, gebe es ebenfalls keine ernsthaften Verbesserungen. Nicht einbezogenen und geklärt worden seien schließlich Befugnisse von US-Sicherheitsbehörden, PNR-Daten aus den Reservierungssystemen von Fluglinien über den Patriot-Act direkt abzuziehen. (vbr)