Datenschützer auf den Spuren von S.W.I.F.T.

Es könne nicht sein, dass es klare Grenzen für deutsche Sicherheitsbehörden bei verdachtsunabhängigen Kontrollen gebe, jedoch die US-Regierung über den Umweg eines belgischen Dienstleisters Freiheiten und Bürgerrechte ignorieren könne, hieß es beim ULD.

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Von
  • Detlef Borchers

Nachdem im Juni bekannt wurde, dass die US-Regierung das S.W.I.F.T.-System überwachen lässt, gibt es in Europa Widerstände gegen diese Form der Datenspionage. Denn neben dem gängigen Argument, dass die Überwachung nur der Ermittlung terroristischer Geldströme dient, gibt es das Nebenargument der Wirtschaftsspionage. Vor diesem Hintergrund hat sich das Unabhängige Landesdatenschutzzentrum Schleswig-Holstein (ULD) daran gemacht, zu klären, ob gegen das Bankgeheimniss und gegen den Datenschutz verstoßen wurde.

Die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications S.W.I.F.T., scheut das Licht der Öffentlichkeit. Fotos sind nur von dem Verwaltungs-Hauptquartier im belgischen La Hulpe erlaubt, die beiden Rechenzentren im holländischen Zoeterwoude und im amerikanischen Culpeper sind absolut tabu. Gleiches gilt für die deutschen S.W.I.F.T.-Konzentratoren, die in Hanau und Frankfurt am Main in Bank-Rechenzentren versteckt sind. Die S.W.I.F.T. betreibt nach dem EQUANT-Netz der Fluggesellschaften das zweitgrößte private Netz der Welt. Schon die Nummer drei unter den Privatnetzen, das ANX-Netz der Autobauer, ist nicht einmal halb so groß wie die S.W.I.F.T.-Installation. Im S.W.I.F.T.-System läuft das größte Banken-Clearing-System der Welt mit bis zu 10 Millionen Transaktionen am Tag. Clearingsysteme sind ein Sammelbegriff für den Zahlungsausgleich von Überweisungen und Abbuchungen, bei dem nur der Überschuss der Forderungen über die Verbindlichkeiten als Zahlung erfolgt. Außerdem verarbeitet S.W.I.F.T. die Transfers vieler Wertpapierbörsen und die Daten des Through Transport Club, mit dem der Containerverkehr in allen Häfen der Welt abgewickelt wird. Wer Einblick darin haben will, wie die Welt handelt und wirtschaftet, braucht nur S.W.I.F.T. anzuzapfen.

"Es kann und darf nicht sein, dass das Bundesverfassungsgericht zu Recht den deutschen Sicherheitsbehörden klare Grenzen bei so genannten verdachtsunabhängigen Jedermannkontrollen setzt und dass dann über den Umweg eines belgischen Dienstleisters der US-Regierung erlaubt wird, im Trüben zu fischen und Freiheiten und Bürgerrechte zu ignorieren", erklärt nun Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, der auf der Homepage des Datenschutzzentrums ausführliche Hintergrundinformationen bereithält.

In dem Bericht über die Ermittlungen bei den 11 größten Banken von Schleswig-Holstein lassen die Datenschützer Unzufriedenheit erkennen. Die Auskünfte seien nichtssagend gewesen, das Vertrauen in das Bankgeheimnis sei dementsprechend. "Unseres Wissens findet die Weitergabe der teilweise sensiblen Transaktionsdaten von unverdächtigen Bank-Kundinnen und -Kunden an US-Behörden unbeeindruckt von der öffentlichen Kritik weiter statt, ohne dass uns bisher ein Verantwortlicher eine plausible Rechtfertigung hierfür nennen konnte", kommentiert Weichert.

Die Überprüfung der Banken durch die schleswig-holsteinischen Datenschützer ist die erste Aktion dieser Art in Deutschland. Eine weitere Aktion läuft in Belgien, wo die belgischen Datenschützer direkt von der Artikel 29-Gruppe der EU-Datenschützer gebeten wurde, direkt vor Ort bei der S.W.I.F.T. das Ausmaß der Datenweitergabe an US-Behörden zu prüfen. (Detlef Borchers) / (jk)