Die Turbozelle

Ein US-Start-up kann mit Konzentrierten Photovoltaik-Modulen erstmals ein Drittel des einfallenden Sonnenlichts in Strom umwandeln. Im Sommer soll die Serienproduktion beginnen.

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  • Kevin Bullis

Ein US-Start-up kann mit Konzentrierten Photovoltaik-Modulen erstmals ein Drittel des einfallenden Sonnenlichts in Strom umwandeln. Im Sommer soll die Serienproduktion beginnen.

Konzentrierte Photovoltaik, kurz CPV, ist eine der Technologien, die der Solarenergie zu einem Effizienzsprung verhelfen sollen. Indem Linsen Sonnenlicht über dem Halbleitermateral konzentrieren, können wesentlich mehr Photonen Elektronen in Bewegung setzen. Das Start-up Semprius hat mit einem verbesserten CPV-Modul nun einen Wirkungsgrad von 33,9 Prozent erzielt. Das könnte der Technologie einen wichtigen Schub geben.

Die Zellen von Semprius bestehen aus winzigen Gallium-Arsenid-Scheiben, über denen Linsen positioniert sind. Die bündeln das Sonnenlicht so, dass es mit einer 1100 Mal größeren Intensität auf den Halbleiter trifft. Der Vorteil dieser Konstruktion ist, dass schon Wafer mit einem Durchmesser von wenigen Millimetern ausreichend Strom produzieren können und so platzsparende Module möglich werden.

Gallium-Arsenid absorbiert Licht deutlich besser als Silizium, das Standardmaterial heutiger Solarzellen. Allerdings ist es erheblich teurer. Damit die Konzentratortechnik funktioniert, müssen die Zellen zudem gekühlt und mit einer Steuerung – dem so genannten Tracking-System – möglichst exakt dem Sonnenstand nachgeführt werden. Auch das treibt die Kosten für CPV-Module in die Höhe.

Semprius hat die Technologie nun verbessert, indem es drei Gallium-Arsenid-Schichten pro Zelle verwendet. Jede Schicht absorbiert Licht unterschiedlicher Frequenzen, so dass die CPV-Zelle ein größeres Spektrum als Siliziumzellen in Strom umwandeln kann. Außerdem hat das Start-up seine Zellen so konstruiert, dass die Abwärme besser abgeleitet wird und die teure Kühlung entfallen kann.

Der neue Rekord-Wirkungsgrad von 33,9 Prozent wurde in einem Test von dritter Seite bestätigt. Damit ist das Semprius-Modul das erste außerhalb von Laboren, das ein Drittel des einfallenden Sonnenlichts in Strom verwandelt. Zum Vergleich: Der Rekord für Silizium-Module liegt bei 22,9 Prozent. Handelsübliche Module kommen im Betrieb nur auf einen Wirkungsgrad von 14 bis 15 Prozent.

Im Unterschied zu bisherigen experimentellen Hochleistungssolarmodulen, die auch schon mal 40 Prozent erreichen, ist das Modell von Semprius offenbar bereits fertig für eine kommerzielle Produktion. Im Sommer soll sie in der firmeneigenen Fabrik in Henderson im US-Bundesstaat North Carolina starten. „Das jetzige Ergebnis zeigt, welche Wirkungsgrade unsere Kunden erwarten können“, sagt Joe Carr, CEO von Semprius.

Im ersten Produktionsschritt wachsen auf einem Gallium-Arsenid-Wafer Zehntausende Halbleiterscheibchen auf, dem Kernelement der späteren Zellen. Mit Hilfe eines Ätzverfahrens und eines Produktionsroboters werden die winzigen Stücke gelöst und auf einem Substrat aufgebracht. Der Wafer kann anschließend wiederverwendet werden. Das Verfahren war ursprünglich von John Rogers, einem Materialwissenschaftler an der University of Illinois in Urbana-Champaign, für die Elektronik-Industrie entwickelt worden.

Ein Nachteil von CPV-Modulen ist allerdings, dass sich ihre teuren Tracking-Systeme nicht für eine Installation auf Hausdächern eignen. Eine optimale Leistung erzielen sie auch nur in Gegenden mit hoher Sonneneinstrahlung. Bei bewölktem Himmel kann ihr Wirkungsgrad drastisch fallen – so dass sie sogar viel ineffizienter als Silizium-Anlagen sind.

Billigere Trackingsysteme und Mehrschichtenzellen könnten der CPV-Technologie jedoch zum Durchbruch verhelfen. In den vergangenen Monaten haben die CBV-Installationen bereits stark zugelegt.

Ob das Semprius-Modell ein Erfolg wird, ist aber ungewiss, da die Solarindustrie gerade turbulente Zeiten erlebt. Überproduktion und sinkende Herstellungskosten haben die Preise für Solarmodule zuletzt sinken lassen. Dadurch mussten sogar etablierte Hersteller aufgeben.

Weil bei herkömmlichen Solarzellen über billigere Produktionskosten derzeit kaum Marktanteile zu gewinnen sind, versuchen es viele Firmen – so auch Semprius – über einen besseren Wirkungsgrad. Denn auch dadurch sinken die Kosten pro Watt installierter Leistung.

Von Vorteil für Semprius könnte seine Zusammenarbeit mit Siemens sein, das mit 16 Prozent an dem Start-up beteiligt ist. Über den Elektronikkonzern aus München kann Semprius nicht nur Knowhow beim Bau kompletter Solarfarmen anzapfen. Mit dem finanzkräftigen Partner im Rücken dürfte es auch leichter sein, an neue Kredite zu kommen.

Die Fabrik soll im ersten Jahr Solarzellen mit einer Gesamtleistung von 30 Megawatt produzieren. Für einige Anwendungen seien sie bereits wettbewerbsfähig, sagt Joe Carr. Gelänge es, die Produktion auf 100 Megawatt Gesamtleistung hochzufahren, könnte man auch mit den derzeit führenden chinesischen Herstellern konkurrieren. Carr hält es für möglich, dass die Semprius-Module am Ende Strom zu einem Preis von zehn US-Cent pro Kilowattstunde erzeugen können. Und das, wie er betont, ganz ohne Subventionen. (nbo)