Safer Internet Day: Sorge um Smartphone-Sicherheit

82 Prozent der Bundesbürger fühlen sich von App-Anbietern nicht ausreichend über die Verwendung ihrer persönlichen Daten informiert, hat das Verbraucherministerium ermittelt. Ressortchefin Ilse Aigner fordert datenschutzfreundlichere Voreinstellungen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 65 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Verbraucherschutzministerin Aigner und Bitkom-Chef Kempf sprechen beim "Safer Internet Day" über Bedrohungen durch das Internet.

82 Prozent der Bundesbürger fühlen sich von App-Anbietern nicht ausreichend über die Verwendung ihrer persönlichen Daten informiert, hieß es am Dienstag am Rande einer Konferenz des Bundesverbraucherschutzministeriums und des Hightech-Verbands Bitkom zum "Safer Internet Day" in Berlin. 58 Prozent der unter 30-Jährigen nutzten Smartphones, in der gesamten Bevölkerung seien es 26 Prozent, erklärte Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) unter Verweis auf eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag ihres Hauses. Genauso viele Befragte sorgen sich um die Sicherheit mobiler Anwendungen.

36 Prozent der Befragten stört es laut der Untersuchung, dass Smartphones über die Ortungsfunktion jederzeit den Aufenthaltsort feststellen können. Auch Browser-Einstellungen seien im mobilen Netz schwieriger zu ändern. Aigner appellierte daher an die Hersteller, die Voreinstellungen datenschutzfreundlich zu gestalten. Noch seien die Sicherheitsvorkehrungen niedriger als in der stationären Telefonie, obwohl auf den Geräten sehr persönliche Informationen gespeichert seien. Sie selbst würde vom Mobiltelefon aus nicht unbedingt Bankgeschäfte verrichten.

Smartphones bergen Aigner zufolge zusätzliche Risiken; so tappe man etwa leichter in Kostenfallen. Dem wolle der Gesetzgeber mit der derzeit im Vermittlungsausschuss verhandelten Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) einen Riegel vorschieben, mit der die Abrechnung über die Telefonrechnung nicht mehr in jedem Fall möglich sei. Einen weiteren Schutz strebe die Bundesregierung mit der "Button-Lösung" beim Online-Handel an.

Ausdrücklich unterstützte die Ministerin den Vorschlag für eine EU-Datenschutzverordnung aus Brüssel: "Wir brauchen europaweit einen möglichst hohen Datenschutz." Internetkonzerne, wie das von Aigner viel kritisierte Facebook, hätten "restriktive Grundeinstellungen nicht so umgesetzt, wie ich mir das vorstelle", sagte Aigner. Die geplante Stärkung der Pflicht zur Einwilligung in die Datenverwendung begrüßte sie. Zu weit gehen ihr die Pläne aber bei den Löschungsrechten. Diese dürften nicht dazu führen, dass Verlage oder Blogger verpflichtet werden könnten, "Artikel auf Klage eines Einzelnen herausnehmen zu müssen". Die Meinungs- und Pressefreiheit sei zu wahren.

Bitkom-Chef Dieter Kempf wehrte sich dagegen, "dass jeder Schritt der Datenverarbeitung zustimmungspflichtig wird". Online-Dienste wären sonst nicht mehr attraktiv. Eine Umfrage bei über 1000 Verbrauchern und Führungskräften im Auftrag der Branchenvereinigung habe ergeben, dass Dreiviertel der Onliner Inhalte teilen wollten. Vier von fünf hätten ein persönliches Profil im Web – doch fast 60 Prozent fühlten sich mehr oder weniger unsicher im Netz.

30 Prozent der Befragten läsen Datenschutzerklärungen nie, da diese häufig auch schwer verständlich seien. Andererseits unterstrich Kempf, dass der Datenschutz bei 41 Prozent der Unternehmen in der Geschäftsführung verankert sei. Genauso oft arbeiteten Firmen auf freiwilliger Basis in puncto Sicherheit mit Behörden zusammen, in der vom Bitkom vertretenen Branche täten dies sogar 68 Prozent.

Am Tag der Internetsicherheit, der 2012 zum neunten Mal begangen wird, geht es vor allem um den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Netz. Weltweit sind in über 70 Ländern Aufklärungsaktionen geplant. In Europa koordiniert das Netzwerk Insafe die Maßnahmen, das die EU-Kommission im Rahmen ihres 55 Millionen Euro schweren "Safer Internet"-Programms unterstützt. Zu den besonderen Veranstaltungen gehört in diesem Jahr ein in Österreich durchgeführter Test, in dem Eltern online ihre Reaktionen auf die Nutzung bestimmter Internetdienste durch ihre Kinder erproben können.

Die EU-Kommission verwies auf die jüngsten Empfehlungen des Forschungsverbunds "EU Kids Online". "Mit Kindern über das Internet zu sprechen, sie zu ermutigen, es selbstständig zu erkunden, und für den Fall negativer Erlebnisse in der Nähe zu bleiben, sind die Maßnahmen, mit denen Eltern am ehesten Online-Risiken verringern können", betonte Sonia Livingstone von der London School of Economics, die das Projekt leitet.

Die österreichische "Kids Online"-Forscherin Andrea Dürager führte aus, dass sich die elterlichen Erziehungsmaßnahmen in europäischen Ländern teils erheblich unterschieden. Während in der Türkei restriktive Maßnahmen sehr häufig und aktive Formen der Auseinandersetzung selten seien, verhalte es sich in den skandinavischen Ländern umgekehrt. Deutsche Eltern schritten vergleichsweise oft ein, setzten sich jedoch auch überdurchschnittlich häufig aktiv mit den Netzerfahrungen ihres Nachwuchs auseinander. Die Untersuchung zeigt auch, dass weniger als ein Drittel der befragten Eltern Filtersoftware zum Kinder- und Jugendschutz einsetzt. (heb)