WebKit-Dominanz bedroht das offene Web

Webstandard-Aktivisten rufen die Designer dazu auf, nicht mehr nur für Chrome und Safari zu gestalten, und vergleichen die Situation mit der einstigen IE6-Übermacht.

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Von
  • Herbert Braun

Die Browser-Hersteller Mozilla, Microsoft und Opera planen offenbar, speziell für WebKit-Browser gekennzeichnete CSS-Eigenschaften zu unterstützen. Mit dieser Nachricht versetzte Daniel Glazman, einer der beiden Leiter der CSS-Arbeitsgruppe im W3C, heute die Webstandard-Gemeinde in Aufruhr.

Experimentelle CSS-Eigenschaften sind durch ein "Vendor-Prefix" wie -moz-, -ms-, -o- oder eben -webkit- gekennzeichnet. Dieses soll sicherstellen, dass es keine Probleme mit unterschiedlichen Implementierungen gibt. Allerdings hat sich in letzter Zeit das Gefüge auf dem Browsermarkt deutlich in Richtung WebKit-Browser verschoben, zu denen Chrome, Safari und fast alle gängigen Mobil-Browser zählen. Zudem legt vor allem Google ein enormes Tempo bei der Einführung neuer Webtechniken vor, sodass viele CSS-Neuerungen ihr Debüt mit einem -webkit-Präfix geben.

Die Folge: Viele Webdesigner nutzen neue CSS-Eigenschaften ausschließlich mit -webkit-Präfix und sperren so aus schierer Nachlässigkeit die Nutzer anderer Browser von modernen Gestaltungs-Features aus. Manche einst experimentellen Eigenschaften funktionieren auch längst ohne Präfix. Ein Negativbeispiel ist etwa das Werkzeug Sencha Animator ("for every mobile platform"), das erst kürzlich begonnen hat, außer WebKit auch Mozilla-Browser zu unterstützen.

Glazman vergleicht die Situation bereits mit der einstigen Marktdominanz des IE6. Die bevorstehende Unterstützung der -webkit-Eigenschaften durch andere Browser würde die Idee der Vendor-Prefixes pervertieren. Daher ruft Glazman in einem ungewohnt dramatischen Appell mit der Überschrift "Das offene Web braucht euch jetzt" die Webentwickler auf, nicht mehr nur für WebKit zu gestalten, und fordert sie zu einer Aktualisierung ihrer Seiten auf. Und die Webdesign-Community solle keine Seiten mehr empfehlen, die nur in einer Browser-Engine laufen.

Zahlreiche Webstandard-Aktivisten und Vordenker unterstützen Glazmans Aufruf – darunter Aaron Gustafsson und Rachel Andrew vom Web Standards Project, Mozilla-Evangelist Chris Heilmann, der Barrierefreiheit-Experte und Opera-Mitarbeiter Bruce Lawson, der Entwickler Remy Sharp oder der Designer Gilles Vandenoostende. (heb)