BKA will Terrorismus mit Frühwarnsystem bekämpfen

Mit einem Monitoringsystem möchte das Bundeskriminalamt (BKA) den Terrorismus besser bekämpfen. Ein Expertensystem mit fortlaufender Konsultation menschlicher Experten soll allgemeine Entwicklungsprognosen stellen.

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Von
  • Detlef Borchers

Mit der Entwicklung eines Monitoringsystems möchte das Bundeskriminalamt (BKA) den Terrorismus besser bekämpfen. Das System, eine Mischung aus Expertensystem mit fortlaufender Konsultation menschlicher Experten, soll allgemeine Entwicklungsprognosen stellen und nicht für exakte Voraussagen künftiger Anschläge zuständig sein. Eine der Aufgaben des Monitoringsystems soll etwa darin bestehen, den Einfluss des Internet bei der Radikalisierung besser zu verstehen.

Eigentlich sollte es eine kleine Pressekonferenz zu einem neuen Forschungsprojekt des BKA sein, doch durch die Verhaftung von drei deutschen "Konvertiten" in Pakistan fand sich ein Riesenaufgebot von Funk und Fernsehen ein, das an wissenschaftlichen Fragen wenig interessiert war. BKA-Chef Jörg Ziercke gab sich besorgt über die allgemeine Bedrohungslage, konnte jedoch auch mitteilen, dass keine Erkenntnisse über einen bevorstehenden Terroranschlag in Deutschland vorlägen. "Zur Panik besteht kein Anlass", erklärte Ziercke. Anders beurteilte Ziercke die Lage in Afghanistan. Deutschlands oberster Polizist sprach von einer "Irakisierung Afghanistans" und bezweifelte, dass Bundeswehr sowie deutsche Aufbauorganisationen in Afghanistan einen besonderen Status haben – sie seien genauso bedroht wie Amerikaner und Briten.

Während die Pressekonferenz sich dem Thema "Erforschung des Internet" widmete, packten die Fernsehleute ihre Technik bereits wieder ein. Zu unspektakulär sind Projekte wie "EbiP", die Untersuchung von "Extremismen in biographischer Perspektive". Hier werden Extremisten im Gefängnis interviewt, um typischen biographischen Weichenstellungen auf die Spur zu kommen.

Noch ambitionierter ist die Entwicklung von "MoTE", dem Monitoringsystem Terrorismus/Extremismus. Für den Aufbau dieses Früherkennungssystems hat das BKA zwei wissenschaftliche Kongresse mit Vertretern der unterschiedlichsten Disziplinen durchgeführt. Gemeinsam untersuchte man, ob "konkrete Aussagen darüber getroffen werden können, wie sich bestimmte gewaltbereite extremistische Milieus und terroristische Gruppen in Zukunft entwickeln werden." BKA-Präsident Ziercke erklärte die Arbeit von MoTE so: "In Berlin haben wir das GTAZ (gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum), in dem 50 Mitarbeiter das Internet beobachten. Es gibt mindestens 50.000 Seiten mit islamistischen terroristischen Inhalten. Wie junge Menschen in einer ideologischen Experimentierphase durch solche Informationen radikalisiert werden und wie die Deradikalisierung laufen kann, ist Aufgabe des Monitoringsystems." Ziercke betonte dabei, dass die umfassenden Datensammlungen streng nach den Bestimmungen des Datenschutzes angelegt werden und keine Gesetze verletzen würden.

Was von einem umfassenden Monitoringsystem zu halten ist, wie es beim BKA aufgebaut wird, beschäftigt dennoch nun die Datenschützer. So behandelt die traditionelle Kieler Sommerakademie der Datenschützer in diesem Jahr das Thema unter dem Titel Offene Kommunikationsgesellschaft und Terrorbekämpfung – ein Widerspruch?.(Detlef Borchers)/ (gr)