Die Top-Ten der häufigsten Abmahngründe

Abmahnungen gehören zum Alltag eines Online-Händlers leider dazu. Doch wenn man weiß, wo die Fallen lauern, lassen sich juristische Auseinandersetzungen vermeiden.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Unwirksame Klauseln, fehlende Informationen und unvorsichtige Formulierungen können leicht die Abmahnung durch einen Wettbewerber nach sich ziehen. Welche Fehler derzeit besonders oft verfolgt werden, hat Rechtsanwalt Max-Lion Keller von der IT-Recht-Kanzlei in München für uns zusammengefasst. Hier sind die aktuellen Top-Ten der häufigsten Abmahngründe.

1. Veraltete Widerrufsbelehrung: Im Mai letzten Jahres hat der Bundestag die Änderungen zum fernabsatzrechtlichen Widerrufsrecht verabschiedet, im August trat das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge in Kraft. Und damit auch eine neue Muster-Widerrufsbelehrung, mit der der Handel seine Kunden über die Änderungen informieren soll. Bis November 2011 waren Händler, die auf ihrer Homepage noch die alte Widerrufsbelehrung hatten, vor Abmahnungen sicher, seit 4.11.2011 ist die Übergangsfrist allerdings abgelaufen. Das haben offenbar noch immer nicht alle mitbekommen, denn Abmahnungen wegen der veralteten Widerrufsbelehrung führen die Top-Ten des "Abmahnradars" derzeit an.

Max-Lion Keller ist Rechtsanwalt und Partner der IT-Recht Kanzlei München. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten gehört u.a. die Beratung von Unternehmen beim Aufbau von rechtssicheren Online-Auftritten und Online-Shops, sowie juristisches Risiko- und Vertragsmanagement. Keller ist außerdem Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für mehr Fairness im Internet e.V. – Fair-E-Com und Autor des "Lexikon für das IT-Recht 2009"

2. Fehlende oder falsch platzierte Grundpreise bei Ebay: Waren, die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche verkauft werden, müssen mit einem Grundpreis versehen werden. Diese Verpflichtung gilt auch bei Händler-Angeboten und -Auktionen auf Ebay. Wichtig ist außerdem, dass Endpreis und Grundpreis vom Verbraucher auf einen Blick wahrgenommen werden können. In der Praxis bedeutet das: Händler müssen den Grundpreis für die Ware schon am Anfang der Ebay-Artikelüberschrift angeben, da er sonst nicht schon in der Galerie- bzw. Kategorieübersicht angezeigt wird. Und weil viele Händler auch nicht wissen, dass es schon Regelverstoß ist, ihn erst in der zweiten (kostenpflichtigen) Überschrift anzugeben, landet dieser Abmahngrund auf Platz 2.

3. Werbung mit durchgestrichenen Preisen: Viele Händler bewerben Rabattaktionen mit durchgestrichenen Preisen. Der Vergleich es alten und des neuen Preises soll dem Verbraucher vor Augen führen, wie günstig das Angebot ist. Doch Vorsicht: wer dem Verbraucher nicht sagt, worauf sich der durchgestrichene Preis bezieht und von wem er gefordert wurde, muss sich den Vorwurf der Irreführung gefallen lassen. Auch zeitliche Begrenzungen des Angebots müssen erkennbar sein. Und der durchgestrichene Preis sollte auch tatsächlich mal verlangt worden sein. Ist doch klar, sagen Sie? Offenbar nicht allen, denn das ist der dritthäufigste Abmahngrund.

4. Falsche AGB-Klausel: Zugegeben, das Formulieren rechtssicherer AGB ist eine Wissenschaft für sich, die mit zahllosen Fallstricken gespickt ist. Noch schwieriger wird es, wenn die AGBs möglichst individuell auf den einzelnen Shop und sein Geschäftsmodell zugeschnitten sein sollten. Und weil diese Texte für jedermann einsehbar sein müssen, ist es natürlich auch für die Abmahner ein Leichtes, sie nach Fehlern zu durchsuchen. Fremde AGB zu kopieren, ist da eine ganz schlechte Idee, sie selber zu formulieren auch. In diesem Fall ist es wirklich besser, die Dienste eines Anwalts in Anspruch zu nehmen. Tun aber leider nicht alle, wie man an Platz 4 der Abmahn-Top-Ten sieht.

5. Unzulässige Werbung mit CE-Kennzeichen: Das CE-Kennzeichen für bestimmte Produkte ist eigentlich kein Signal an die Verbraucher, sondern an die zuständigen Behörden. Denn es zeigt auf einen Blick, dass diese Ware die entsprechenden europäischen Sicherheitsrichtlinien erfüllt und daher auch in der EU verkauft werden darf. Wer mit dem CE-Kennzeichen oder der Aussage "CE-geprüft" wirbt, erweckt beim Kunden allerdings den Eindruck, dass so manches Konkurrenzprodukt dieses "Gütesiegel" vielleicht nicht hat. Es handelt sich aber eben nicht um ein besonderes Qualitätsmerkmal, sondern um ein Voraussetzung für den Verkauf in Deutschland. Wer dem Kunden etwas anderes signalisiert, bekommt unerfreuliche Post vom gegnerischen Anwalt.

6. Keine ausreichende Kennzeichnung: Je nachdem, welches Produkt angeboten wird, hat der Händler unter Umständen zusätzliche Informationen zu Energieverbrauch, Material oder Gefahrenhinweise zu veröffentlichen. Nun sehen aber die einschlägigen Gesetze durchaus unterschiedliche Kennzeichnungspflichten vor und der praktischen Umsetzung sind bei externen Angebots- und Auktionsplattformen oft auch technische Grenzen gesetzt. Die Verwirrung darüber, was eigentlich wann und wie angezeigt werden muss, ist so groß, dass es für Platz 6 der Abmahn-Top-Ten reicht.

7. Fehlende Versandkosten-Angaben für Lieferungen ins Ausland: Wer seine Waren auch ins Ausland liefert, sollte die entsprechenden Lieferkosten nennen, sonst wird er schnell zur Zielscheibe für eine Abmahnung. Wer allerdings eine Klausel in seinen AGB hat, die da lautet: "Bei Lieferung ins Ausland werden die Versandkosten individuell vereinbart", kommt unter Umständen auch mit einem blauen Auge davon. Laut einem Urteil des OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.7.2011, Az.: 6 W 55/11) verstößt diese Formulierung zwar gegen das Gebot der Preisklarheit, ist aber dennoch nur eine Bagatelle, der es an der spürbaren Beeinträchtigung von Verbraucherinteressen fehlt. Doch soviel Glück haben nicht viele: Die fehlenden Versandkosten gehören weiterhin zu den häufigsten Abmahngründen im Online-Handel.

8. Verstoß gegen das ElektroG: Jeder Hersteller und auch jeder Importeur, der in Deutschland Elektrogeräte in Verkehr bringen will, muss sich bei der Stiftung EAR registrieren. Ein Verstoß gegen diese im ElektroG enthaltene Registrierungspflicht kann zugleich auch als gegen eine Vorschrift zur Regelung des Marktverhaltens gewertet werden. Damit liegt wiederum ein wettbewerbswidriges Verhalten im Sinne der §§ 3 i.V.m. 4 Nr. 11 UWG vor mit der Konsequenz, dass die Gefahr einer kostenpflichtigen Abmahnung seitens der Mitwettbewerber oder auch Verbraucherschutzverbände besteht. Wie Platz 8 zeigt, kommt das häufiger vor, als man denkt.

9. Verstöße beim Verkauf über Amazon: Hier birgt unter anderem das Amazon-Partnerprogramm Gefahren. Wenn Werbepartner, die sogenannten Affiliates, Angebote anderer Online-Händler, die am Amazon Marketplace teilnehmen auf ihren eigenen Internetseiten darstellen und einen Link auf den jeweiligen Händlershop setzten, können sie für dortige Rechtsverstöße haftbar gemacht werden. Fehlen bei der Affiliate-Seite beispielsweise Versandkostenangaben oder ist die Produktbeschreibung fehlerhaft, schnappt die Haftungsfalle zu. Wie man an Platz 9 der Top-Ten sieht, sparen sich viele Affiliates trotz dieser Gefahr den prüfenden Blick auf die Inhalte.

10. Unerwünschte Werbung: Jeder ärgert sich, wenn er mit unerwünschter Werbung belästigt wird, einen Kaufimpuls löst das nur selten aus. Trotzdem verschicken viele gewerbliche Händler unerwünschte Werbemails an Verbraucher und B2B-Kunden. Nur wenn eine geschäftliche Beziehung besteht und der Adressat mit der Werbung einverstanden ist, darf der Händler ihm Angebote zuschicken. Wer es ohne diese Voraussetzungen tut bzw. entsprechende Beschwerden des Kunden ignoriert, riskiert eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung. (masi)