Telekom-Chef Ricke tritt auf die Kostenbremse

Die Sparwut beim Bonner Telekommunikationsriesen zeigt, wie stark das Unternehmen im traditionellen Festnetz unter Druck geraten ist.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Nicht kaufen oder fusionieren ist bei der Deutschen Telekom angesagt – sondern sparen. Während Branchenexperten noch auf ein Gegenangebot für den britischen Mobilfunkbetreiber O2 warteten und einen Bieterstreit mit der spanischen Telefonica am Horizont aufziehen sahen, überraschte Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke die Fachwelt mit einer ganz anderen Meldung: In den nächsten drei Jahren werden rund 32.000 Mitarbeiter in Deutschland den größten Telekommunikationskonzern Europas verlassen. Betroffen ist vor allem die Konzerntochter T-Com.

Die Sparwut beim Bonner Riesen zeigt, wie stark das Unternehmen im traditionellen Festnetz unter Druck geraten ist. Der Bereich, der früher hauptsächlich für Sprachtelefonie und heute immer mehr für Breitband, Datenkommunikation und schnelles Internet steht, ist nach Rickes Einschätzung nicht produktiv genug. Hinzu kommen die Wettbewerber, die auch Dank einer Regulierung allmählich Boden gewonnen und dem Platzhirsch mit günstigen Angeboten Marktanteile abgenommen haben.

Bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kommen die Pläne nicht gut an: "Wir sind fassungslos, ein Personalabbau in dem Umfang ist nicht akzeptabel", sagte ein Arbeitnehmervertreter nach Gesprächen mit dem Vorstand. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Telekom und ver.di-Vorstandsmitglied Franz Treml bezeichnete die Einsparungen als "Horrorzahlen". "Die Beschäftigten sollen jetzt die Zeche zahlen", kritisiert er. Dagegen beteuerte Personalchef Heinz Klinkhammer, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben werde und der Stellenabbau freiwillig über Abfindungen oder Altersteilzeit erfolge.

Wie auch andere Konzerne in Europa steht die Telekom mächtig unter Handlungsdruck: "Der weltweite Umbruch der Branche, die rasante technologische Entwicklung und besonders der regulierungsbedingt harte Wettbewerb im Festnetz- und Breitbandbereich in Deutschland stellen den gesamten Konzern vor verschärfte Herausforderungen", bringt Ricke die ganze Not der Telekom auf den Punkt. Der Konzern will auch künftig auf innovativen Märkten tätig sein und den technologischen Anschluss an die Weltspitze nicht abreißen lassen.

Das Stichwort lautet "Triple Play": Eine Kombination von Telefonie, Breitband und Unterhaltungsangeboten (TV, Video on Demand). Ohne "Triple Play", das sich auch die Telekom auf ihre Fahnen geschrieben hat, werden die Telefonnetzbetreiber nicht überleben, meinen Experten. "Wir sind entschlossen, an diesen Wachstumsperspektiven deutlich zu partizipieren", sagt Ricke. In dem Zusammenhang ist für den Telekom-Chef der Aufbau eines Hochgeschwindigkeitsglasfasernetzes in Deutschland unabdingbar. Dass jetzt ausgerechnet die Regulierungsbehörde einzugreifen droht und der Telekom vorschreiben will, auch den Wettbewerbern einen Zutritt zu den innovativen Netzen zu gewähren, kann Ricke nicht nachvollziehen. Ihm geht es darum, im ohnehin angeschlagenen Festnetz Pioniergewinne zu vereinnahmen. Drei Milliarden Euro will die Telekom in den Aufbau des Glasfaernetzes investieren, mit dem Übertragungsraten für die Endkunden von bis zu 50 MBit pro Sekunde möglich sind. Sind die Rahmenbedingungen nicht klar, werde die Investition unterbleiben. Dann sei auch der Aufbau von 5000 Arbeitsplätze gefährdet.

Stellenabbau ist bei der Telekom kein Fremdwort und Ricke kennt sich mit Sparen bestens aus. Schließlich hat der Manager seit seinem Amtsantritt Ende 2002 den Konzern wieder in die Gewinnzone geführt und die Schulden fast halbiert. Seitdem der frühere Staatskonzern 1995 in die Privatwirtschaft entlassen wurde und ein Jahr später an die Börse ging, sind jährlich im Schnitt 10.000 Stellen auf der Strecke geblieben. Von 220.000 Festnetz-Mitarbeitern wurde etwa die Hälfte eingespart. Viele wechselten in dynamisch wachsende Konzernsparten wie den Mobilfunk. Aber auch dort ist der Beschäftigungsaufbau mit zunehmender Marktsättigung beendet und ein Sparprogramm aufgesetzt worden. (Peter Lessmann, dpa) / (jk)