Evi gegen Siri

Apples iPhone-Sprachassistent Siri hat Konkurrenz: Das britische Start-up True Knowledge will mit der App Evi auch komplexe Fragen beantworten können.

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Von
  • Rachel Metz

Apples iPhone-Sprachassistent Siri hat Konkurrenz: Das britische Start-up True Knowledge will mit der App Evi auch komplexe Fragen beantworten können.

Es ist eine klassische David-gegen-Goliath-Geschichte: Das Start-up True Knowledge aus dem britischen Cambridge will mit einer eigenen App in den direkten Wettbewerb mit dem Technikriesen Apple treten. Und dabei geht es nicht um irgendein Smartphone-Programm: True Knowledge hat mit Evi einen virtuellen Assistenten entwickelt, der Apples im populären Handy iPhone 4S eingebauten Spracherkennungsdienst Siri in die Parade fahren soll.

Evi wird nicht nur für das iPhone angeboten, sondern auch für das Google-Mobilbetriebssystem Android. Der aktuelle Preis ist bescheiden: Nur 79 Cent werden für die iPhone-Version fällig. Dafür soll Evi besonders bei komplexen Fragen smarter Antworten kommen als das kostenlose Siri. Ein Beispiel: Fragt man den Apple-Assistenten nach einem guten Rezept für einen Schokoladenpudding, erhält man nur einen Link auf Google. Evi spuckt dagegen gleich zwei Internet-Angebote mit passenden Backanleitungen aus.

Minimalistisches Design: Evi macht Apple Konkurrenz.

(Bild: True Knowledge)

True Knowledge setzt bei seinem Angebot stark auf die sogenannte semantische Suche: Begriffe, die Evi per (momentan nur englischer) Spracheingabe erhält, werden zunächst in ihrer Bedeutung analysiert. So weiß die hinter Evi stehende Software, ob es sich bei einem Wort um eine Person, einen Ort oder eine Firma handelt. Das erleichtert den Umgang mit faktenbasierten Fragen, die Siri derzeit noch an Google oder – in englischsprachigen Ländern – an die Wissenssuchmaschine Wolfram Alpha weiterleiten muss.

Ganz reibungslos funktioniert Evi allerdings derzeit noch nicht: So litt das Angebot in den Anfangstagen an starker Überlastung und reagierte dann gar nicht. Wie schon Siri nutzt Evi eine Serverinfrastruktur im Internet, um Sprache zu analysieren und Ergebnisse zurückzuliefern – und die kann eben ausfallen.

Die Evi-App auf dem iPhone: Auch komplexere Fragen soll der Assistent beherrschen.

(Bild: True Knowledge)

Auch Matheaufgaben kann Evi nur eingeschränkt lösen – "5 Prozent von 20 Dollar" ergab einen Link auf ein Couponangebot, keine Berechnung. Siri kennt Evi laut eigenen Angaben übrigens nicht: Auf die Frage "Do you know Siri?" antwortet Evi arrogant mit einem Firmeneintrag für das Bauunternehmen Seery Limited, was aber vielleicht auch am deutschen Akzent des Testers lag. Wer mit Evi nicht sprechen möchte, kann seine Frage auch ganz einfach über die Handy-Tastatur eingeben – das hilft gegen mögliche Missverständnisse.

True-Knowledge-Chef William Tunstall-Pedoe räumt ein, dass Evi derzeit noch am Anfang steht. Allerdings wurde auch Apples Siri erst mit einer größeren Nutzeranzahl stetig besser: Die Software lernt sowohl Sprache genauer zu verstehen als auch korrektere Ergebnisse zu liefern. Evi bedient sich dabei eines einfachen Tricks: Jedes Anfrageergebnis lässt sich vom Nutzer gleich bewerten, mittels "Daumen hoch" und "Daumen runter". So bekomme man schnell Rückmeldung, sagt Tunstall-Pedoe.

Android-Version: Im Gegensatz zu Siri ist Evi bei der Geräteunterstützung nicht wählerisch.

(Bild: True Knowledge)

Die Spracherkennung selbst ist bei Siri oder Evi grundsätzlich gleich: Beide Assistenten nutzen auf dem iPhone Standardtechnik des US-Anbieters Nuance, auch wenn diese jeweils nochmals optimiert wurde. Unter Android darf sich True Knowledge der eingebauten Spracherkennung von Google bedienen, was hier dazu führt, dass man die App gratis anbieten kann, weil keine Lizenzgebühren an Nuance gezahlt werden müssen. Geld soll auf lange Sicht mit Werbung generiert werden, wie man das von normalen Suchmaschinen kennt.

Nova Spivack, Gründer des semantischen Webdienstes Twine, meint, True Knowledge habe gute Chancen, sich bei Apple-Konkurrenten als Siri-Killer zu etablieren. "Die Handy-Hersteller suchen verzweifelt nach so etwas", ist er überzeugt. Evi-Vater Tunstall-Pedoe muss indes weiter dafür sorgen, dass Evis Serverinfrastruktur rund läuft. In der Anfangsphase bekam der Sprachassistent wegen der Ausfälle schlechte Kritiken im iPhone App Store. "Wenn die Leute Evi einmal benutzt haben, wird es ihnen gefallen." Die Technik verstehe, was die Nutzer meinten. (bsc)