Festplatten: HEKs von einstigen Tiefständen weit entfernt

Über 4 Monate dauert die Festplattenkrise nun an – vieles hat sich normalisiert. Lieferprobleme lasen nach und auch die Preiskurve tendiert wieder abwärts. Noch sind die meisten HEKs aber doppelt so hoch wie vor der Flut.

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Von
  • Karl Fröhlich

Noch ist die Festplattenbranche nicht zurĂĽck im "GrĂĽnen Bereich".

(Bild: WD)

Seite Mitte Oktober herrscht im Festplattenmarkt der Ausnahmezustand. Die Flut in Thailand sorgte für eine nie dagewesene Allokation, vollkommen überteuerte Preise, gepaart mit einer großen Portion Unklarheit wie sich der Markt entwickeln wird. Knapp viereinhalb Monate später kann man sagen, die Produkte sind längst nicht mehr so knapp und auch die Preise bewegen sich wieder auf einem verträglichen Niveau. Nur die Meinung über den Markt selbst und seine Entwicklung differieren zum Teil deutlich. Die Festplattenhersteller sehen nach wie vor keine Entspannung und sprechen von einer Allokation, die noch mehrere Monate anhalten soll. In der Distribution gehen die Einschätzungen – wie üblich – stark auseinander.

Seit Jahresanfang sind vor allem die HEKs fĂĽr Desktop-Laufwerke mit 2 und 3 TByte stark gefallen.

"Die Lage im Festplattenmarkt ist noch immer angespannt", erklärt beispielsweise Florian Gerken, Senior Manager Components bei Ingram Micro. "Die Verfügbarkeit hat sich zwar bei einigen Artikeln verbessert, ist jedoch noch unter dem normalen Niveau. Die Nachfrage ist weiterhin sehr gut und die Preise haben sich stabilisiert."

Ulf Kilper, Produktmanager HDD und SSD bei Devil, sieht die Lage allerdings anders: "Die Nachfrage entwickelt sich weiter verhalten. Viele Händler und Endkunden scheinen immer noch auf Preise auf altem Niveau zu warten. Damit ist voraussichtlich weder aber im laufenden ersten Quartal, noch in Q2 zu rechnen." Laufwerke mit Kapazitäten von 500 GByte sowie 1 und 2 TByte seien herstellerübergreifend in ausreichenden Mengen ab Lager verfügbar. 3-TByte-Drives hingegen tendenziell knapp. "Die Verfügbarkeit bei Server-Disks aus der RAID-Edition (24/7) ist aktuell bei allen Herstellern eingeschränkt", sagt Kilper. "Wir empfehlen Partnern, verfügbare Mengen telefonisch abzufragen. Die Preise bewegen sich seit Beginn des Jahres auf stabilem Niveau, lediglich 1- und 2-TByte-HDDs haben etwa fünf bis zehn Prozent nachgegeben."

2,5-Zoll-Drives sind noch etwas knapper als 3,5-Zoll-Platten, in den letzten drei Wochen sinken die HEKs aber kontinuierlich.

Dies deckt sich in etwa mit den Preiskurven der letzten Wochen. Zwischen der KW 5 und KW 8 halten fast alle Desktop-Laufwerke ein stabiles Niveau mit minimalen Abschlägen. Deutlich nach unten ging es nur mit der 500-GByte-Klasse. Kostete diese Ende Januar noch ab rund 80 Euro, kaufen Reseller beispielsweise eine Seagate ST3500411SV für knapp unter 67 Euro ein. Noch heftiger ist der Preisnachlass bei 3-TByte-Platten. Hier sinkt der HEK binnen drei Wochen um rund 30 Prozent von 199 auf aktuell zirka 137 Euro (Seagate ST3000DM001) – und das, obwohl aktuell nur geringe Stückzahlen vorhanden sind.

Im Vergleich zur KW 1 sind die HEKs im zweistelligen Bereich zwischen elf (500 GByte) und 22 Prozent (3 TByte) gesunken. Lediglich 1-TByte-Drives wurden "nur" um neun Prozent gĂĽnstiger und 1,5-TByte-Disks um zirka drei Prozent.

Für den deutschen Fachhandel erreichte die Preisentwicklung in der KW 44 den Höchststand. Seitdem sind die HEKs wieder zwischen zehn (750 GByte) und über 55 Prozent (3 TByte) gefallen. Das klingt zunächst enorm. Gegenüber den Kursen in der KW 40, als "die Welt noch in Ordnung war", zeigt sich jedoch, dass Kapazitäten von 160 bis 500 GByte sowie einem TByte aktuell immer noch mehr als doppelt so teuer sind, als damals Anfang Oktober. Am nächsten kommen mit aktuell 15 Prozent Abschlag noch 3-TByte-Laufwerke an die einstigen Tiefstände heran.

Zwar bröckeln derzeit die Preise und tendieren kontinuierlich nach unten, für den Handel wird aber es noch dauern, bis die Aufschläge im größeren Stil abgebaut sind. Die Produktion läuft zwar auf Hochtouren, den Bedarf können die Hersteller noch längst nicht abdecken, vor allem wenn der Absatz deutlich anziehen sollte. "Bei steigender Nachfrage könnten Allokationseffekte bei Mainstream-Platten einsetzen", warnt Devil-Manager Kilper. "Dies gilt speziell für 500-GByte-Kapazitäten, die hauptsächlich bei Integratoren gefragt sind. Ansonsten erwarten wir in den nächsten Wochen keine Veränderungen der aktuellen Situation."

Mehr Infos

Bei der Preisbeobachtung unterstĂĽtzten uns:

Also-Actebis AG
B.com Computer AG
CTT AG
Devil AG
Ecom GmbH
Ingram Micro GmbH

"Es bestehen nach wie vor Lieferprobleme, allerdings ist die Situation derzeit sehr unterschiedlich, je nach Einsatzgebiet der Festplatten und Produktart", meint Robert Beck, Vice President Product Management bei Ingram Micro. "Im Bereich Enterprise rechnen wir noch im ersten und auch im zweiten Quartal mit Allokation und eingeschränkt verfügbaren Produkten – ebenso im Mobile-Segment. Allerdings sind hier in erster Linie Produkte mit niedrigen Speicherkapazitäten betroffen. Auch bei Festplatten für den Einsatz in Desktop-Rechnern sind eher die Produkte mit geringeren Speicherkapazitäten begrenzt verfügbar." Im Bereich Retail sei die Verknappung am wenigsten zu spüren. Der Handel muss sich daher weiter in Geduld üben. (map)