Keine Investitionen für Internet-Zensur

Zensurverdächtige Projekte sollen nicht mehr ohne weiteres Gelder von Investmentunternehmen erhalten. Darauf verständigten sich 25 Investmentfondsgesellschaften, Forschungsinstitute und Stiftungen mit der Organisation Reporter ohne Grenzen.

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Von
  • Monika Ermert

Zensurverdächtige Projekte sollen nicht mehr ohne weiteres Gelder von Investmentunternehmen erhalten. Darauf verständigten sich 25 Investmentfondsgesellschaften, Forschungsinstitute und Stiftungen aus den USA, Europa und Australien mit der Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (RoG). In der kommenden Woche werden die Beteiligten in New York eine Erklärung unterzeichnen, in der sie sich Zurückhaltung bei Investitionen in Technologieprojekte auferlegen, die in einem autoritären Regime zur Zensur des Internet genutzt werden können.

Julien Pain, Leiter des Bereichs Internet bei RoG in Paris, sagte gegenüber Heise Online: "Wir haben lange Zeit versucht, mit Internet-Technologiefirmen wie Cisco oder Yahoo zu diesem Thema ins Gespräch zu kommen, bislang ohne Erfolg." Daher versuche man jetzt auf einem anderen Weg, Einfluss zu nehmen. "Die Verletzung der Meinungsfreiheit darf nicht nur ein Imageschaden sein, es muss auch Geld kosten", so das erklärte Ziel der Organisation.

Ciscos Routertechnik ermögliche etwa das Filtern des Netzes in der Volksrepublik China, Yahoo habe mit der Ermittlung eines Journalisten, der als "Staatsgeheimnis" klassifizierte Dokumente an westliche Nichtregierungsorganisationen gesandt hatte, die Grenze vom Provider zum Polizeispitzel überschritten, sagte Lucie Morillon von RoG bei einer Debatte am Dienstag in Washington. Der republikanische Abgeordnete Thaddeus McCotter forderte bei der Veranstaltung der konservativen Heritage Foundation ein gemeinsames Verständnis in der US-Außenpolitik: Profit sei kein Ersatz für Prinzipien. Gesetzliche Vorgaben zu möglichen Exportbeschränkungen auf Grund potenzieller Gefahren für die Meinungsfreiheit sind allerdings laut US-Berichten nicht geplant.

Laut Pain waren Investmentfonds in den USA der Initiative gegenüber etwas aufgeschlossener als die europäische Investmentbranche, die RoG mehrheitlich eine Absage erteilte. Möglicher Grund laut Pain ist, dass die Fonds in Europa von solch einer Ethikklausel auch Auswirkungen auf klassische Geschäftsbereiche befürchten. In den USA gebe es mehr spezialisierte Fonds. Man habe sehr hart verhandelt, erklärte Paine. Gerne hätte man es bei RoG zum Beispiel auch gesehen, wenn sich die Fonds zu einem Totalverzicht von Investitionen in "ethisch problematische" Technologieprojekte durchgerungen hätten. Ganz soweit aber wollten die Investmentbanker nicht gehen, vielmehr verspricht die Erklärung, dass man Technologieprojekte auf den möglichen unethischen Einsatz in autoritär regierten Ländern überprüfen werde.

Die Namen der 25 Erstunterzeichner des Kodex werden bei einer Pressekonferenz in der kommenden Woche in New York bekannt gegeben. Das Investitionsvolumen der beteiligten Firmen beläuft sich laut RoG auf 21 Milliarden US-Dollar. Redner bei der Pressekonferenz werden neben Pain von RoG Vertreter der Boston Common Asset Management und der Domini Social Investments sein. (Monika Ermert) / (jk)