Das große Domainopoly: Domains verkaufen, parken, monetarisieren

Exponentielle Wachstumszahlen weist der so genannte Domain-Sekundärmarkt auf, also der Kauf und Verkauf von geparkten Domains oder die Werbeeinnahmen aus solchen "Park"-Seiten.

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Von
  • Monika Ermert

Exponentielle Wachstumszahlen bescheinigten verschiedene Experten, Domainhändler und Betreiber von Domainverkaufsplattformen dem so genannten Domain-Sekundarmarkt, also dem Kauf und Verkauf von geparkten Domains oder den Werbeeinnahmen aus solchen "Park"-Seiten. 2007 werde zum ersten Mal der Sekundärmarkt größer sein als das Geschäft mit der eigentlichen Registrierung von Domains, sagte Marius Würzner, Geschäftsführer der Domainplattform Sedo beim diesjährigen DomainPulse-Treffen der drei deutschsprachigen Domain-Registries in Baden in der Schweiz. Allein bei Sedo gingen 2006 Domains für rund 40 Millionen US-Dollar über den Ladentisch, laut Würzner doppelt so viel wie 2005. Die Januarverkäufe von Domains in den Jahren 2005, 2006 und 2007 lägen bei 850, 1300 und 2290. Zahlen wie der Verkaufspreis von 3 Millionen Dollar für vodka.com erinnern an schönste dot.com-Blasen.

Gerade die Zahl der Domains, die für mehr als 10.000 Dollar den Besitzer wechselten, wachse besonders stark, sagte Emiliano Pasqualetti von Domainsbot.com. Und obwohl nach wie vor .com-Adressen den Löwenanteil der gehandelten Domains ausmachen (81 Prozent), sind die Wachstumsraten bei den Länderdomains und auch bei kleineren, unbekannteren Domains beträchtlich. Christoph Grüneberg, Chef von Domainvermarkter.com mit 7500 gehaltenen Domains, sagte, er kenne eine ganze Reihe von Domainhändlern, die mehr als 10.000 Euro im Monat mit den Domaingeschäften verdienten. Selbst der eine oder andere Banker habe seinen Posten schon für ein Leben als "Domainer" drangegeben. Andreas Schreiner von Internet Wire rechnet mit ein paar hundert solcher Domainer in Deutschland.

Die Registries, also Betreiber wie das DeNIC, die für die eigentlichen Registierungsdatenbanken für Domains zuständig sind, sehen den Sekundärmarkt mit gemischten Gefühlen und warnen argwöhnisch vor Grabbing und anderen unseriösen Tendenzen. Wo mit der geparkten Domains Geld über Werbelinks verdient würde, profitierten schließlich alle, meinte dagegen Grüneberg: der Werbekunde, der Domainparker, aber auch der Registrar und die Registry, der erste Markt sozusagen. Es herrsche bei vielen Leuten Unverständnis, dass allein das Parken schon einen Nutzen habe. "Die Leute sagen, sie nutzen die Domain doch gar nicht, da ist so was mit Werbung drauf." Der Hoffnung, dass die "ungenutzte Domain" irgendwann doch wieder zurückgegeben wird oder im Verkauf doch billiger wird, begegne er mit dem Hinweis, dass er mit der Domain ja laufend Geld verdiene.

Würzner sagte: "Es gibt Grabbing und Spekulation. Und das ist auch teilweise ein Problem. Aber wir haben es mit einem dynamischen Markt zu tun. In Zukunft wird Domaingrabbing aber an Bedetuung verllieren, weil generell die Werthaltigkeit von Domains erkannt wird." Domains würden mehr und mehr zum Wirtschaftsgut, das auch Finanzinvestoren entdeckten. Zu Einzelverkäufen von Domains trete mehr und mehr der Verkauf ganzer Portfolios. Der Domainmarkt werde so mehr und mehr dem Immobilienmarkt vergleichbar. "Da ist die Lage entscheidend für den Grundstückswert. Bei der Domain ist der Begriff entscheidend." Auch Grüneberg sekundierte: "Ein Domainvermarkter ist ein Immobilienunternehmen des Internets."

Die Registries bedachte Grüneberg mit Lob und Wünschen: Kostenlose Domains, wie sie kürzlich von der österreichischen Länderdomain-Registry nic.at ausgegeben wurde, seien natürlich toll, die günstigen Preise des DeNIC sowieso, und die Preissenkungen der Schweizer Registry Switch gingen in die richtige Richtung. Gerne hätte der "Internetimmobilienhändler" allerdings mehr Rechtssicherheit. Das DeNIC solle Dispute-Einträge bitte auch mitteilen, da sie einen möglichen Verkauf blockieren. Domaininhaber sollten besser gegen Domaindiebstahl abgesichert werden. Der Google-Klau sei nur die Spitze des Eisbergs, ein Vorwurf, den DeNIC-Justitiar Stephan Welzel allerdings augenblicklich zurückwies. Schließlich bleibe, meinte Grüneberg, die Bewertung von Domains mit Blick auf die Veranlagung durch das Finanzamt ein Problem. Immerhin könne so eine Domain schnell weg sein, ein Schätzwert lasse sich nicht mit Sicherheit realisieren.

Heftig diskutiert wurde beim DomainPulse auch, inwieweit das Wirtschaftsgut Domain von Banken beliehen oder mit Hypotheken belastet werden kann und inwieweit es sicher vererbt werden könnte – auch das ist für größere Investitionen von Belang. Das Schweizer Bundesamt für Kommunkation (BAKOM) hat zwar den Vertrag für die Switch als Registrierstelle für .ch gerade verlängert, Annalise Eggimann vom BAKOM unterstrich aber die Auffassung des Schweizer Gesetzgebers, dass die Domainvergabe die "Einräumung öffentlich-rechtlicher Nutzungsrechte" sei. Eine Übertragung ist nicht ohne weiteres möglich. In Deutschland und Österreich ist dies liberaler geregelt.

So oder so erwarten die Experten einen weiter zunehmenden Domainhandel; auch die Einführung neuer Top Level Domains werde daran nichts ändern. Zwar wird die derzeitige künstliche Knappheit an Namen als Basis für den Sekundärmarkt betrachtet. Doch neue Top Level Domains müssten erst einmal von den Kunden angenommen werden. (Monika Ermert) / (jk)